Sachverhalt:

 

Vorbemerkung

Gemäß Beschluss des Ausschusses für Umwelt und Stadtentwicklung vom 07.11.2017 wurde der Regionalverband Ruhr mit der Überarbeitung und Neu­aufstellung der Klimaanalyse für das Schwelmer Stadtgebiet aus dem Jahre 1998 beauftragt. Die Klimaanalyse liegt nun vor und ist dieser Vorlage beigefügt. Ziel der Untersuchung war die Analyse und Bewertung der klimatischen Situation innerhalb des Stadtgebietes von Schwelm sowie die Ausweisung von Planungshinweisen, die eine klimawandelgerechte Stadtentwicklung gewährleisten sollen.

 

Für die gesamtstädtische Analyse wurden u. a. unterschiedliche Parameter wie die Siedlungsstruktur, Flächennutzung und Topographie beachtet, Modellierungen und Simulationen bspw. zur Temperatur durchgeführt, Kaltluftmassentransporte und Belüftungsverhältnisse abgeleitet sowie die Aspekte und Zwischenergebnisse mit­einander analysiert. Im Ergebnis wurden eine Klimaanalysekarte mit ver­schiedenen Darstellungsebenen und der Analysebericht mit Planungshinweisen für das gesamte Stadtgebiet von Schwelm sowie stadtteilbezogenen auf kleinräumiger Ebene für aus­gewählte Bereiche im Stadtgebiet erarbeitet. Die Planungshinweise im Analysebericht dienen u. a. der Beachtung der stadtklimatischen Gegebenheiten und als Hinweise bzw. Empfehlungen für die Stadtplanung, eine verbindliche Umsetzung aufgezeigter Maßnahmen oder Entwicklungen ist hiermit nicht verbunden.

 

 

 

Ergebnisse der Klimaanalyse der Stadt Schwelm

Die klimatische Situation des Stadtgebietes wird durch unterschiedliche Flächen­nutzungsstrukturen bestimmt. Die Simulation zur Temperatur im Schwelmer Stadt­gebiet weist dementsprechend unter­schied­liche Ergebnisse auf. Die höchsten Temperaturen treten im Stadtzentrum und innerhalb des nördlich der Bahnstrecke angrenzenden Gewerbegebietes im Bereich um die Loher Straße sowie im Gewerbe­gebiet In der Graslake auf. Die niedrigsten Temperaturen sind hingegen über den aus­gedehnten landwirtschaftlich genutzten Arealen im nördlichen und südöstlichen Stadtgebiet von Schwelm zu verzeichnen. Im Stadtgebiet von Schwelm ist das Relief stark ausgeprägt. Die Windströmungen sind reliefbedingt zumeist in Richtung der Siedlungsbereiche ausgerichtet, werden aber durch die bremsende Wirkung der Bebauung stark reduziert.

 

Die Eindringtiefe der nächtlichen Kaltluftmassentransporte in bebautes Gebiet hängt i. W. von der Siedlungsgröße, der Bebauungsdichte, der Gebäudeausrichtung, der anthropogenen Wärmefrei­setzung sowie von der Menge und Geschwindigkeit der einströmenden Kaltluft ab. Aufgelockerte Siedlungen mit landwirtschaftlich geprägtem Umfeld (z. B. Möllenkotten und Oehde) können dabei vollständig von Kaltluftmassen durchströmt werden und eine weniger starke nächtliche Über­wärmung aufweisen. Hingegen weisen u. a. das Stadtzentrum und die angrenzenden Gewerbe­gebiete während austauscharmer Strahlungsnächte vergleichsweise geringe Volumen­ströme auf und werden daher nicht ausreichend mit Kaltluft versorgt.

 

Die fehlende Kaltluftversorgung resultiert insbesondere im hochversiegelten Stadt­zentrum und den angrenzenden Gewerbegebieten in einer stärkeren nächtlichen Überwärmung und ist somit aus klimaökologischer Sicht als problematischer zu beurteilen. In diesem großflächigen und weitest­gehend zusammenhängenden Bereich des Stadtgebietes herrschen somit je nach Wetterlage ungünstige Belüftungs­verhältnisse vor, was neben der eingeschränkten nächtlichen Abkühlung auch negative Auswirkungen auf die Luftqualität zur Folge haben kann. Die Relevanz inner­städtischer Grünflächenvernetzungen und deren Anbindung an Freiflächen des Umlandes zur Versorgung über­wärmter Siedlungsbereiche mit Kaltluft wird anhand des Friedhofes in Verbindung mit dem angrenzenden Sportplatz und der Klein­gartenanlage in Schwelm-West sowie des Grünverbund­systems im Bereich der Sophien- und Wilhelmshöhe im Schwelm-Mitte deutlich.

 

Die Klimaanalysekarte

Die erstellte Klimaanalysekarte beinhaltet mit den Klimatopen, den spezifischen Klimaeigenschaften, den Informationen zu lufthygienischen Verhältnissen sowie dem Luftaustausch vier Darstellungs­ebenen.

 

Loh, Linderhausen, weite Teile der Siedlungsgebiete im südlichen Schwelm- Mitte und -West (u. a. Oehde) sowie in Brunnen und Möllenkotten sind dem Stadtrandklima, welches grundsätzlich mit noch verhältnis­mäßig günstigen bio- und immissions­klimatischen Bedingungen charakterisiert werden kann, zuzu­ordnen. Als Parkklimatop wurden Parkanlagen, Friedhöfe, Kleingarten- und Sportanlagen sowie größere zusammenhängende Grünstrukturen (i. d. R. Flächen > 500 m²) innerhalb der Bebau­ung ausgewiesen. Im Vergleich zu anderen Bereichen im Stadtgebiet wird besonders in Schwelm-Mitte sowie in den nördlich angrenzenden Gewerbegebieten ein Mangel an Parkklimatopen deutlich.

 

Aus bioklimatischer Sicht stärker belastete Räume stellen die Bereiche der Stadt- und Innenstadt­klimatope dar. Insbesondere in Schwelm-Mitte ist ein größeres, zusammen­hängendes Areal dem Stadt- und Innenstadtklimatopen zuzuordnen, an welches nördlich zudem noch eine große zusammen­hängende Fläche des bioklimatisch ebenfalls als ungünstig zu bewertenden Gewerbe­klimatops anschließt, wodurch sich ein zusammenhängender klimatischer Belastungsraum ergibt.

 

Insgesamt wird anhand der Klimaanalysekarte eine deutliche Gliederung des Stadtgebietes hinsichtlich der bioklimatischen und immissionsklimatischen Verhält­nisse in Schwelm deutlich. Der Norden und der Süden können u. a. aufgrund der vorkommenden Freilandbiotope und Wald­klimatope grundsätzlich als Bereiche mit gutem Luftaustausch und positivem Bioklima bezeichnet werden. Der Siedlungskörper entlang der Talachse der Schwelme weist hingegen stärker bio­klimatisch und immissions­klimatisch belastete Bereiche auf.

 

Ausblick und Planungsempfehlungen

Weitergehend wird in der Klimaanalyse ein Überblick über den aktuellen wissen­schaftlichen Stand zum Klimawandel, dessen Folgen und Auswirkungen sowie den projizierten globalen und regionalen Klimaveränderungen für das 21. Jahrhundert gegeben. Abschließend wurden auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse für das Schwelmer Stadtgebiet Planungsempfehlungen aus stadtklima­tologischer Sicht abgeleitet. Wie der beigefügten Planungs­hinweiskarte der Stadt Schwelm entnommen werden kann, ist der überwiegende Teil der Siedlungsbereiche mit vornehmlicher Wohnnutzung im Stadtgebiet von Schwelm dem „Lastraum der überwiegend locker und offen bebauten Wohngebiete“ zuzuordnen. Die bioklimatischen Verhältnisse in den Bereichen dieses Lastraums sind grundsätzlich als positiv zu bewerten. Zur langfristigen Sicherung der günstigen klimatischen Eigenschaften sollten die offenen und begrünten Bebauungsstrukturen dort erhalten bleiben und insbesondere im Bereich von Belüftungsbahnen und/oder Grünvernetzungen klein­räumige Ent­siegel­ungs- und Begrünungsmaßnahmen durchgeführt und gefördert werden.

 

Zudem sind in Schwelm-West und vor allem im Bereich Schwelm-Mitte die Wohn- und Mischgebiete vermehrt den klimatisch stärker belasteten Planräumen „Lastraum der überwiegend dicht bebauten Wohn- und Mischgebiete“ sowie „Lastraum der hochverdichteten Innenstadt“ zugehörig. Ins­beson­dere in den Bereichen Vörfken und Loh sind erhebliche Anteile der bebauten Fläche klimatisch dem „Lastraum der Gewerbe- und Industrieflächen“ zugeordnet.

 

In Linderhausen, Brunnen, Schwelm-West sowie ganz im Süden des Stadtgebietes konnten dennoch Bereiche ausgewiesen werden, bei denen aus stadtklimatologischer Sicht eine maßvolle Nach­verdichtung, die punktuelle Schließung von Baulücken oder die Ausweisung kleiner Neubaugebiete unter Beachtung der vorherrschenden lockeren Bebauungsstruktur und entsprechend hohem Grün­flächenanteil vertretbar ist. Um einerseits eine weitere Verschärfung der Situation in den stärker verdichteten Bereichen zu vermeiden und andererseits die positiven klimatischen Verhältnisse innerhalb der aufgelockerten Wohngebiete zu wahren, sollte in weiten Teilen des restlichen Stadt­gebietes keine weitere Verdichtung erfolgen und bei Bauvorhaben an den Siedlungsrändern eine Riegelbebauung vermieden werden.

 

Die klimatischen Ausgleichsräume des Freilandes, der innerstädtischen Grün- und Parkanlagen sowie der Waldgebiete fungieren vielerorts als wichtige thermische Pufferzonen zwischen den Siedlungs­bereichen, als lokale Kalt- und Frischluft­produzenten, als Belüftungsbahn und/oder als Filter für Luftschadstoffe und Lärm, weshalb sie grundsätzlich gesichert und von weiterer Bebauung freigehalten werden sollten.

 

Innerhalb der überwiegend dicht bebauten Wohn- und Mischbebauung, der Innenstadt sowie der Gewerbe- und Industrieflächen treten die negativen Ausprägungen des Stadtklimas am deutlichsten hervor. Insbesondere für den stark urban geprägten Innenstadtbereich ist die Förderung des Luft­austausches mit angrenzenden klima­tischen Ausgleichsräumen wie dem Freilandbereich „Auf dem Hagen“ zwischen Göcking­hofstraße und Ehrenberger Straße sowie dem Grünverbundsystem im Bereich der Sophien- und Wilhelmshöhe zu forcieren.

 

In hochverdichteten Bereichen, die keine direkte Anbindung an größere klimatische Ausgleichs­flächen aufweisen und wo eine entsprechende Grünvernetzung aufgrund der Bestandsstrukturen nicht realisierbar ist, müssen verstärkt kleinräumige Entsiegel­ungs- und Begrünungsmaßnahmen zur Verbesserung der mikroklimatischen Ver­hältnisse ergriffen werden.

 

 


Die Ausführungen der Verwaltung werden zur Kenntnis genommen.

 


 

 

 

 

 Der Bürgermeister

gez. Langhard