gemeinsamer Antrag der Fraktionen SWG, BfS e.V. und Bündnis 90 / Die Grünen vom 14.09.2017
Sachverhalt:
Vorbemerkung
Mit einem gemeinsamen Schreiben vom 14.09.2017, das dieser Vorlage als
Anlage beigefügt ist, äußern sich die Fraktionen Bündnis 90/ Die Grünen,
Bündnis für Schwelm und die Schwelmer Wählergemeinschaft zur geplanten
Veräußerung und Bebauung des Sportplatzes an der „Wilhelmshöhe“. In diesem
Schreiben wird die Bedeutung der zur Bebauung vorgesehenen Fläche für die
Frischluftzufuhr der Schwelmer Innenstadt hervorgehoben. Im weiteren Text des
Schreibens wird auf die Veralterung des Gutachtens, die klimatischen
Verhältnisse der Stadt Schwelm betreffend, hingewiesen und letztlich der Antrag
gestellt, für das Stadtklima der Stadt Schwelm eine Gesamtbetrachtung
durchzuführen. Dieser Antrag wird hiermit zur Beratung und Beschlussfassung
vorgelegt.
Grundsätzliches zur Bedeutung
des Klimas im Schwelmer Stadtgebiet
Bereits bevor der heute in aller Munde befindliche „Klimawandel“ sich als
akute Beeinträchtigung der Lebensumstände des Menschen abzeichnete, waren
klimatische Zusammenhänge in der Stadtplanung von erheblicher Bedeutung. Es
handelt sich dabei um lokale sogenannte mikroklimatische Faktoren wie Relief,
Flächennutzung, Versiegelungsgrad etc. Das Schlagwort „Wärmeinsel Stadt“ ist
spätestens seit der industriellen Revolution und seit der zunehmenden
Verdichtung der Siedlungsgebiete, nicht nur in der Fachwelt, allgegenwärtig.
Mit der Erwärmung des Erdklimas ist sicher, dass die klimatisch
nachteiligen Temperaturspitzen keine lineare, sondern eine exponentielle
Zunahme erfahren werden. Das bedeutet, dass besonders unangenehme und ungesunde
Hitzetage sich nahezu um den Faktor 30 vermehren werden. Selbst wenn die
Besiedlungsdichte im Schwelmer Stadtgebiet im Vergleich zu Ballungsräumen zu
relativieren ist, besitzen die zu erwartenden Hitzetage vor allem für ältere
Mitbürger eine Bedeutung, die nicht zu vernachlässigen ist.
Die Klimaanalyse aus dem Jahre
1998
Die Abteilung Karten und Luftbildwesen / Klimatologie des damaligen
Kommunalverbandes Ruhrgebiet (KVR) hat im Jahre 1998 den Endbericht der Klimaanalyse für das Schwelmer Stadtgebiet
vorgelegt, die sie im Auftrag der Stadt Schwelm erarbeitet hatte. Die Methodik
der damaligen Klimaanalyse soll hier in einigen Worten, zum besseren
Verständnis der Thematik, erläutert werden.
Die Stadtklimaanalyse setzt sich zusammen aus einer räumlichen und einer
funktionalen Betrachtungsebene im städtischen System. Beim räumlichen System
werden die Klimafaktoren Relief, Flächennutzung, Wärmebilder u.a. interpretiert
und zu sogenannten Klimatopen abgegrenzt. Für die funktionale
Betrachtungsebene wurden in den Jahren
1996 und 1997 umfangreiche Messungen der Klimaparameter Luftfeuchte,
Lufttemperatur, Windgeschwindigkeit und Windrichtung sowie Stichprobenmessungen
zur lufthygienischen Situation (Schadstoffe) durchgeführt und ebenfalls
interpretiert. Die beiden Betrachtungsebenen wurden in der sogenannten
synthetischen Klimafunktionskarte zusammengeführt. Wie erwartet, hat die
Untersuchung herausgearbeitet, dass die in Schwelm vorhandene Topographie und
die vorhandene relativ lockere Siedlungsstruktur sich vorteilhaft auf die
mikroklimatischen Verhältnisse auswirken.
Aus dieser synthetischen Klimafunktionskarte wurden Planungshinweise
abgeleitet, die ebenfalls in einer Karte dargestellt wurden. Die Ergebnisse der
Klimauntersuchung, speziell die Planungshinweise, wurden seither seitens der
Verwaltung regelmäßig bei der Entwicklung von Bebauungsplänen oder auch bei der
Beurteilung von Bauvorhaben angewandt und berücksichtigt.
An dieser Stelle ist zu betonen, dass die Berücksichtigung der
mikroklimatischen Gesichtspunkte im Rahmen eines Bauvorhabens bzw. eines
Bebauungsplanes lediglich einen Aspekt im Abwägungsprozess darstellt. Außerdem
können konstruktive Maßnahmen oder Veränderung der Gebäudeausrichtung
potenzielle Konflikte in mikroklimatischer Hinsicht minimieren. Ein
Ausschlusskriterium für eine Bebauung stellen mikroklimatische Zusammenhänge in
der Regel nicht dar.
Überarbeitung der Klimaanalyse
Der Fachbereich 6.1 hat sich nach dem Eingang des hier in Rede stehenden
gemeinsamen Antrages der Fraktionen mit dem heutigen Regionalverband Ruhr
(RVR), dem Nachfolger des KVR in Essen, in Verbindung gesetzt. Herr Dr.
Beckröge, der damalige verantwortliche Sachbearbeiter für die Erarbeitung der
Schwelmer Klimaanalyse ist heute Bereichsleiter des Referates 9 „Geoinformation
und Raumbeobachtung“. Sein Team 9.4 befasst sich mit dem Themenbereich
„Klimaschutz und Klimaanpassung“.
Nach Auskunft Herrn Dr. Beckröges macht es durchaus Sinn, die
mittlerweile in die Jahre gekommene Schwelmer Klimaanalyse zu überarbeiten. In
einer solchen Überarbeitung können die zusätzlich im Stadtgebiet errichteten
Siedlungsstrukturen, die sich mikroklimatisch auswirken, berücksichtigt und in
die Klimatope eingearbeitet werden.
Außerdem haben sich nach Auskunft Herrn Dr. Beckröges auf der
funktionalen Betrachtungsebene, also bei der Betrachtung der gemessenen
Klimaelemente, einige Änderungen ergeben. Die veränderte Betrachtung dieser
Elemente sei nicht essentiell, so dass die Klimaanalyse aus dem Jahre 1998 vom
Grundsatz her immer noch Gültigkeit besäße, rechtfertige aber andererseits
durchaus eine Überarbeitung der Analyse.
Der RVR wäre mit seiner Abteilung „Klimaschutz und Klimaanpassung“ in der
Lage die Überarbeitung bzw. Neuaufstellung der Klimaanalyse für das Schwelmer
Stadtgebiet zu übernehmen. Für die Stadt Schwelm als Mitgliedskommune des RVR
betrage der finanzielle Aufwand eine Verwaltungsgebühr von ca. 5.000 €.
Aus der Sicht des Fachbereiches 6.1 macht die Überarbeitung des
Klimagutachtens vor dem Hintergrund des bevorstehenden Klimawandels durchaus
Sinn. Im Hinblick auf die bereits angedeutete Daseinsvorsorge, insbesondere für
die ältere Bevölkerung, handelt es sich nach Meinung der Verwaltung nicht um
ein „nice to have“, sondern ist durchaus notwendig.
Der Arbeitsaufwand, der im Sachgebiet 6.1 zu erwarten ist, ist als
überschaubar zu bewerten. Er besteht in der Hauptsache in der Bereitstellung
von Daten, die der Klimaabteilung des RVR übergeben werden müssen. Die
Bearbeitung der Thematik wird durch die Fachabteilung des RVR autonom
übernommen. In Zusammenarbeit mit der Informations- und Pressestelle ist die
Öffentlichkeit über die Bearbeitung, z. B. über die erforderlichen Messfahrten
des RVR zu informieren.
Beschlussvorschlag:
Die
Verwaltung wird beauftragt, den Regionalverband Ruhrgebiet mit der
Überarbeitung der Klimaanalyse aus dem Jahre 1998 zu beauftragen.
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Die Bürgermeisterin
In Vertretung gez. Schweinsberg |