Betreff
Die Schwelmer Stadtbücherei im neuen Kulturhaus
Vorlage
048/2023
Aktenzeichen
124-Arn
Art
Berichtsvorlage

Sachverhalt:

Durch die Kündigung der Kooperation zwischen den Büchereien Schwelm und Sprockhövel zum 31.12.2022 stehen der Schwelmer Bücherei ab Januar 2023 die bisher in Sprockhövel geleisteten Stunden zur Verfügung, und zwar 13 Wochenstunden Leitungstätigkeit und 17 Wochenstunden einer Büchereikraft. Mit dem neuen Stundenkontingent bestehen nun noch bessere Möglichkeiten die im Jahr 2019 beschlossene Neukonzeption der Stadtbücherei „Bücherei als dritter Ort“ im neuen Kulturhaus umzusetzen und damit die Schwelmer Innenstadt weiter zu entwickeln.

 

Dieses Konzept beinhaltet im Zuge der Erweiterung der Öffnungszeiten unter Einsatz der Selbstverbuchung die Vision einer „Open Library“ mit Öffnungszeiten Mo. bis Sa. 8:00 bis 20:00 Uhr. Die ab 2023 zur Verfügung stehenden Mitarbeiter*innenstunden passen hervorragend in dieses Konzept, denn mit mehr Personal kann die Bücherei als dritter Ort noch attraktiver gestaltet werden, indem damit u.a. die Präsenszeiten des Personals als Ansprechpartner*innen erhöht werden. Zudem kann die im Konzept ausgeführte Zielgruppenarbeit, neben den bereits speziell anvisierten Gruppen der Vorschulkinder und Senioren, etwa auf die Gruppe der Jugendlichen ausgeweitet werden, die ab dem Eintritt in die Pubertät schwerer zu erreichen ist. Die Veranstaltungsarbeit kann insgesamt deutlich verstärkt werden.

Open Library bedeutet, die Bücherei über die regulären Öffnungszeiten hinaus als zusätzliches Dienstleistungsangebot zu nutzen, d. h. früh morgens oder abends Bücher ausleihen oder die Bücherei während der Mittagspause nutzen zu können. Dieser Service trägt zur Attraktivitätssteigerung der Bücherei Schwelm bei.

 

Ein Gutachten des Berliner Instituts für Zukunftsstudien und Technologiebewertung gemeinnützige GmbH (ITZ), das 2019 im Auftrag des Verbundes der Öffentlichen Bibliotheken Berlins zum Thema “Personallose Betriebszeiten in öffentlichen Bibliotheken erstellt wurde, führt aus, dass Open Library keinesfalls Öffnungszeiten mit Servicepersonal ersetzen kann und darf. Denn Open Library führt natürlich nicht zu einer Reduktion der anfallenden Arbeitsmenge - alle Arbeiten müssen weiterhin erledigt werden. Dazu zählt der äußerst wichtige Bestandsaufbau, der sehr zeitaufwändig ist, d.h. aktuelle Medien müssen unter Berücksichtigung des vorhandenen Bestands, der Interessen der Leser*innen und neuer Trends recherchiert, bestellt, inhaltlich erschlossen und ins Bibliothekssystem eingearbeitet werden, Etiketten müssen gedruckt, aufgebracht und die Bücher für den Gebrauch foliert werden.

Damit die Selbstverbuchung genutzt werden kann, wird in jedes neue Medium zudem ein RFID-Transponder eingeklebt und mit dem entsprechenden Datensatz im Bibliothekssystem durch Beschreiben verknüpft. Auch wird der vorhandene Bestand regelmäßig bereinigt - zerlesene, unansehnliche, beschädigte oder veraltete Medien müssen ausgesondert werden. Das Rückgaberegal wird regelmäßig geleert, die Bücher müssen zurückgestellt und Vormerkungen zeitnah herausgezogen werden. Gewünschte Fernleihen werden beschafft und bereitgestellt (Fernleihen und Vormerkungen können beispielsweise nicht während der personalfreien Open-Library-Stunden abgeholt werden).

Allgemeine Verwaltungsarbeiten sind ein eigenständiger und wichtiger Bestandteil der Arbeit. Konkret beinhaltet der Aufgabenbereich Rechnungen zu prüfen und zur Zahlung anzuweisen, Mahnverfahren durchzuführen und nachzuverfolgen, diesbezügliche Zahlungseingänge nachzuvollziehen und sie in das Bibliothekssystem einzubuchen. Auch das Anstoßen von Einzugsverfahren gehört dazu, das Erstellen von Bücherausweisen und die Pflege der Nutzer*innendatenbank.

Es müssen ferner Projektideen entwickelt, Projektanträge geschrieben, Zwischen- und Abschlussberichte verfasst und Statistiken erstellt werden. Ein sehr wichtiger Punkt ist zudem, dass die Mitarbeiter*innen in der Bücherei als Ansprechpartner*innen sichtbar sind. Das bedeutet, Probleme zu lösen - auch mit der für Schwelm neuen Technik der RFID-Selbstverbuchung, hier sind konkrete Hilfestellungen zu leisten, Anmeldungen und Kündigungen sind zu bearbeiten, Ausfünfte zu geben und Recherchen durchzuführen. Der persönliche Service bzw. die Face-to-Face-Beratung werden als Stärke einer Bücherei wahrgenommen. Hinzu kommen die Veranstaltungsorganisation und –durchführung, z.B. Klassen- und Gruppenführungen, Spiele- oder Vorlesenachmittage sowie Abendveranstaltungen wie beispielsweise Lesungen. Dieser öffentlichkeitswirksame Punkt kann mit zusätzlichen Stunden und Open-Library-Betrieb ausgeweitet werden, weil beides auch Freiräume schafft. Es entsteht aber auch zusätzliche Arbeit mit einem Mehr an Zeitaufwand durch die Vor- und Nachbereitung des Open-Library-Betriebs. So müssen beispielsweise Türen und Fenster verschlossen, Geräte verstaut oder gesichert sowie Probleme gesichtet und gelöst werden, die während des täglichen Open-Library-Betriebs auftreten.

Open Library bedeutet nicht, dass sich Beschäftigte nicht auch zu den personalfreien Zeiten in der Bibliothek befinden, beispielsweise morgens oder während der Mittagsstunden. Sie führen dann Arbeiten durch, die außerhalb des Nutzungsbetriebes liegen, wie dies auch heute bereits geschieht.

 

Das Gutachten führt zudem aus, dass Trends aus Skandinavien, wo das Open-Library-Konzept schon seit Beginn der 2000er Jahre verfolgt wird, zeigen, dass Open-Library-Stunden die Besucherzahlen zwar ansteigen lassen, die Ausleih-, Rückgabe- und Besuchszahlen aber während der Anwesenheit von Personal weiterhin am höchsten sind. Je öfter oder länger Personal also an der Informationstheke sitzt oder durch tätige Anwesenheit auch für die Nutzer*innen greifbar ist, desto attraktiver ist die Bücherei für die Bürger*innen ihrer Stadt.

 


Beschlussvorschlag:

Der Kulturausschuss nimmt den Bericht der Verwaltung zur Kenntnis.

 


 

 

Der Bürgermeister

gez. Langhard