Sachverhalt:

 

Mit Schreiben vom 03.09.2021 (Anlage 1) beantragte die Werbegemeinschaft Schwelm e. V. (WGS) die Freigabe von zwei Verkaufssonntagen für das Jahr 2021.

 

Für Sonntag, den 10.10.2021 wurde die Freigabe von Verkaufsstellen per ordnungsbehördlicher Verordnung bereits beschlossen, und der Innenstadt-Trödelmarkt mit verkaufsoffenem Sonntag fand statt.

 

Außerdem ist die Freigabe des 12.12.2021 beantragt. Dies ist der 3. Advent und es findet der mehrtägige Weihnachtsmarkt statt, der durch den verkaufsoffenen Sonntag ergänzt werden soll.

 

Auf Grund des andauernden Rechtsstreites mit VER.DI bezüglich der Sonntagsöffnung zum Weihnachtsmarkt 2018 wurde zunächst die Vorlage für den Weihnachtsmarkt 2021 aus der vorgenannten ordnungsbehördlichen Verordnung ausgenommen.

Das Verwaltungsgericht Arnsberg hat allerdings noch immer keine abschließende Entscheidung getroffen.

 

Um das formelle Verfahren zur Genehmigung des Verkaufssonntags am 12.12.2021 rechtzeitig abschließen zu können, muss der Rat in seiner Sitzung am 25.11.2021 eine Entscheidung treffen.

 

Im Hinblick auf die mit der Freigabe verbundenen Eingriffe in den Arbeitnehmerschutz und in die verfassungsrechtlich geschützte Sonn- und Feiertagsruhe wurden die Interessenverbände um Stellungnahme zu den Vorhaben gebeten.

 

Die Stellungnahmen lagen bei Erstellung dieser Vorlage nur zum Teil vor. Im Anhörungsschreiben war den Interessenverbänden aber angekündigt worden, dass bei fehlender Rückmeldung die Antwort bezüglich des verkaufsoffenen Sonntags zum Trödelmarkt analog Gültigkeit hat.

Demnach lehnt die Evangelische Kirche den verkaufsoffenen Sonntag aufgrund eines Grundsatzbeschlusses von 2005 ab, und die SIHK dagegen hat keine Bedenken.

Die Katholische Kirche (St. Marien in Schwelm) hat eine kurze Rückmeldung gegeben, dass ihre Aussagen für den Trödelmarkt tatsächlich analog Gültigkeit haben. Sie steht den erweiterten Ladenöffnungszeiten an den genannten Sonntagen positiv gegenüber, misst der Einhaltung der Sonntagsruhe dennoch grundsätzlich große Bedeutung bei.

 

Erwartungsgemäß lehnt die Gewerkschaft VER.DI die Freigabe des Verkaufssonntags wieder ab (siehe Anlage 7). Sie stellt Fehler im Verordnungstext fest, die inzwischen behoben wurden. Insbesondere aber sieht VER.DI die Ausweitung der Öffnungsfläche bis hin zur Talstraße in Relation zur Weihnachtsmarktfläche als nicht gesetzeskonform an und kündigt eine rechtliche Klärung an.

 

Fraglich ist, ob ein Gericht sich der Einschätzung der Stadt Schwelm anschließen wird, dass ein ausreichendes öffentliches Interesse an der Sonntagsöffnung besteht.

 

Insbesondere dürfte im Mittelpunkt einer rechtlichen Klärung stehen,

-       ob die Öffnung bis hin zur Talstraße noch als unmittelbares Umfeld der Veranstaltung anzusehen ist,

-       ob insgesamt der zu erwartende Besucherstrom zum Weihnachtsmarkt den Besucherstrom zu den geöffneten Läden deutlich überwiegen wird und

-       ob es ausreicht, wenn die WGS statt einem ausführlichen prognostischen Besucherzahlenvergleich eine prozentuale Schätzung angibt.

 

Es steht zu befürchten, dass VER.DI gegen die ordnungsbehördliche Verordnung klagen wird; möglicherweise wird die Gewerkschaft versuchen, den verkaufsoffenen Sonntag per Eilantrag zu verhindern.

 

Die Verwaltung schlägt daher vor, den beantragten Verkaufssonntag anlässlich des Weihnachtsmarktes zwar freizugeben, hierzu aber ähnlich wie bereits zum Weihnachtsmarkt 2019 den räumlichen Bereich in § 2 aufzuteilen in einen sehr engen Innenstadtbereich bis zur Kaiserstraße und einen weiteren Bereich bis hin zur Talstraße, um zumindest für jene Geschäfte größtmögliche Rechtssicherheit zu schaffen, die sich mehr oder weniger in Sichtweite des Weihnachtsmarktes befinden.

 

Ein Wegfall des Öffnungsbereichs von der Kaiserstraße bis zur Talstraße würde bedeuten, dass dort befindliche Geschäfte ausgeschlossen würden, obwohl erfahrungsgemäß insbesondere auswärtige Besucher des Weihnachtsmarktes die dortigen Parkmöglichkeiten nutzen. Der Bereich liegt nur wenige Gehminuten (rund 950 m) von der Innenstadt entfernt. Aktuell sind außerdem die Parkmöglichkeiten in der Innenstadt aufgrund der laufenden Baumaßnahmen besonders eingeschränkt.

 

Die Erforderlichkeit eines öffentlichen Interesses ergibt sich aus § 6 des Ladenöffnungsgesetzes NRW. Wenn das öffentliche Interesse vorliegt, dürfen die örtlichen Ordnungsbehörden jährlich acht Verkaufssonntage durch ordnungsbehördliche Verordnung freigeben. Die Verkaufsstellen dürfen dann ab 13 Uhr bis zur Dauer von fünf Stunden geöffnet sein, und auf die Zeit des Hauptgottesdienstes ist Rücksicht zu nehmen.

 

Ein öffentliches Interesse liegt insbesondere vor, wenn die Öffnung

1. im Zusammenhang mit örtlichen Festen, Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen erfolgt,

2. dem Erhalt, der Stärkung oder der Entwicklung eines vielfältigen stationären Einzelhandelsangebotes dient,

3. dem Erhalt, der Stärkung oder der Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche dient,

4. der Belebung der Innenstädte, Ortskerne, Stadt- oder Ortsteilzentren dient oder

5. die überörtliche Sichtbarkeit der jeweiligen Kommune als attraktiver und lebenswerter Standort insbesondere für den Tourismus und die Freizeitgestaltung, als Wohn- und Gewerbestandort sowie Standort von kulturellen und sportlichen Einrichtungen steigert.

 

Aus Sicht der Stadt Schwelm ist ein öffentliches Interesse an der Durchführung des verkaufsoffenen Sonntags gegeben.

 

Zu Punkt 1: Auf diesen Punkt bezieht sich die Kritik von VER.DI. Das Vorliegen eines Zusammenhangs im Sinne von Punkt 1 wird vermutet, wenn die Ladenöffnung in räumlicher Nähe zur örtlichen Veranstaltung sowie am selben Tag erfolgt. Ausschlaggebend ist dabei außerdem, dass die Verkaufsöffnung nur begleitend als „Annex“ stattfinden darf; die Strahlkraft der eigentlichen Veranstaltung muss deutlich überwiegen.

Auf die räumliche Nähe wurde oben bereits eingegangen.

 

Zur Strahlkraft des Schwelmer Weihnachtsmarktes ist festzuhalten, dass dieser seit dem Jahr 2001 jeweils an einem Adventswochenende im Jahr von Donnerstag bis Sonntag stattfindet und einen entsprechenden Bekanntheitsgrad erlangt hat.

Mit laut Stadtmarketing und WGS zu erwartenden 8.000 Besuchern allein am Sonntag übt der Weihnachtsmarkt eine überregionale Anziehungskraft aus; der verkaufsoffene Sonntag ist nur Beiwerk. Die Schätzung der Besucherzahlen gestaltet sich aufgrund der Pandemie-Situation nachvollziehbar schwierig. Aufgrund entsprechender Bemühungen des Stadtmarketings (gezielte Marketingmaßnahmen, gesteigerte Attraktivität der Stände) sowie durch einen laut einiger Pressemeldungen spürbaren Nachholbedarf der Kunden darf hier aber durchaus unterstellt werden, dass der Weihnachtsmarkt auf großes Interesse stoßen wird.

 

Mit voraussichtlich rund 25 Ständen und Hütte erstreckt der Weihnachtsmarkt sich über weite Teile der Innenstadt, u.a. im Bereich der Fußgängerzone / Hauptstraße, des Bürgerplatzes sowie der Kirchstraße. Durch das vielfältige Veranstaltungsprogramm (u.a. Musikdarbietungen, Siegerehrung für „Strampeln für die Weihnachtsbeleuchtung“) kommt ihm nicht bloß räumlich, sondern auch im Hinblick auf den Veranstaltungscharakter ein eigenständiges Gewicht als gesellige Kulturveranstaltung zu, das weit über die Ladenöffnung bzw. ein „Shopping-Erlebnis“ hinausgeht.

 

Der Schwelmer Weihnachtsmarkt zeichnet sich im Übrigen im Vergleich zu anderen Städten dadurch aus, dass er in Schwelm, also in der auch überregional bekannten „Stadt der Nachbarschaften“, stattfindet. Typisch für Schwelm ist das ausgesprochen lebendige Vereinsleben, Traditionsbewusstsein und Zusammengehörigkeitsgefühl. Am Weihnachtsmarkt mitwirkende Vereine ziehen zum einen Mitglieder und deren Familien an, zum anderen kommen zahlreiche Besucher aus umliegenden Städten, um an der besonderen Atmosphäre teilzuhaben.

 

Der in Punkt 1 geforderte Zusammenhang für die Ladenöffnung ist aus Sicht der Stadt Schwelm somit gegeben.

 

Öffentliches Interesse an dem verkaufsoffenen Sonntag besteht weiterhin aufgrund der Tatsache, dass dieser der Stärkung des örtlichen Einzelhandels gegenüber dem Onlinehandel dient. Die Handlungsempfehlungen im Einzelhandelsgutachten der Stadt Schwelm aus 2018 sehen eine Fortführung derartiger Veranstaltungen dementsprechend ausdrücklich vor. Der Einzelhandel ist darauf angewiesen, den Kunden besondere Einkaufserlebnisse zu vermitteln, da er nicht über den Preis konkurrieren kann.

Bekannte Online-Versandkonzerne haben während der vergangenen Monate ihren Umsatz verdoppelt; umso schwerer wiegt das öffentliche Interesse an der Rettung des existenziell gefährdeten Einzelhandels.

 

Außerdem trägt die Umrahmung des Weihnachtsmarktes durch einen verkaufsoffenen Sonntag dazu bei, die überörtliche Sichtbarkeit unserer Stadt als attraktiver und lebenswerter Standort insbesondere für den Tourismus und die Freizeitgestaltung, als Wohn- und Gewerbestandort sowie Standort von kulturellen und sportlichen Einrichtungen zu steigern.

 

Nicht zuletzt ist die Tatsache zu würdigen, dass die WGS alljährlich mit ihrem Antrag für zwei bis drei Sonntage weit unterhalb der gesetzlich möglichen acht Sonntage bleibt. Hier ist zu erkennen, dass auch auf die Beschäftigten des Einzelhandels Rücksicht genommen wird.

 

Die Verwaltung schlägt vor, den beantragten Verkaufssonntag am 12.12.2021 freizugeben.

 

Beide Veranstaltungen – Weihnachtsmarkt und verkaufsoffener Sonntag - stehen natürlich unter dem Vorbehalt der weiteren Entwicklung der Corona-Pandemie.

 


Beschlussvorschlag:

 

Beschlussvorschlag für den Hauptausschuss:

Der Hauptausschuss empfiehlt dem Rat, die beiliegende „Ordnungsbehördliche Verordnung über die Freigabe eines verkaufsoffenen Sonntags“ zu beschließen.

 

Beschlussvorschlag für den Rat:

Die anliegende „Ordnungsbehördliche Verordnung über die Freigabe eines verkaufsoffenen Sonntags“ wird beschlossen.

 


Finanzielle Auswirkungen:

 

keine

 

Der Bürgermeister

I.                     V.

gez. Schweinsberg