Sachverhalt:
1. Zum CMS:
Ziel
eines CMS ist die Unterstützung der Leitungs- und Aufsichtsorgane eines
Unternehmens (hier: Geschäftsleitung), um eine ordnungsgemäße
Unternehmensführung nebst Abwendung von Schäden und persönliche
Haftungsausschlüsse von Organmitgliedern (Aufsichtsrat, Vorstand, und
Geschäftsführung) zu gewährleisten.
Die
Prüfungsstandards PS 980 des IDW beinhalten nicht nur die Implementierung eines
Compliance Management Systems (welches von der Verwaltung in bestimmten Bereichen bereits vollzogen wird), sondern
auch im Wesentlichen die Angemessenheits- und Wirksamkeitsprüfung eines solchen
Compliance Managements Systems.
Gemäß der herrschenden Meinung in der Literatur ist es sinnvoll, für
diese Maßnahmen Wirtschaftsprüfer*innen
mit entsprechenden Fachkompetenzen zu Rate zu ziehen. Bei der Überprüfung des
CMS können nur externe Wirtschaftsprüfer*innen diese Prüfung vollziehen und
nach erfolgter Prüfung ein Testat gem. den PS 980 des IDW erteilen.
Die
vom IDW in den PS 980 genannten und von der FDP-Fraktion wörtlich zitierten
7 Grundelemente sind nicht als starre Anforderungskriterien oder Messgröße
zu sehen. Dies ist als Gerüst zu sehen, in dem Raum für Handlungs- und
Gestaltungsmöglichkeiten gelassen wird. Somit kann das CMS speziell auf gewisse
Anforderungen ausgerichtet werden.
2. Hinweisgeberschutz
Richtlinie
Hinsichtlich der Erweiterung eines CMS um die Richtlinie (EU) 2019/1937, Hinweisgeberschutz
Richtlinie, existiert zum jetzigen Zeitpunkt ein Referentenentwurf des
Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz. Mit diesem Entwurf
soll die o.g. EU-Richtlinie umgesetzt werden. Ziel der Richtlinie ist es, die
Aufdeckung und Unterbindung von Verstößen zu unterstützen, gleichzeitig jedoch
auch den Hinweisgeber (Whistleblower) besser zu schützen.
Um die unter „1. Zum CMS“ genannten Vorgaben zur
EU-Richtlinie 2019/1937 umzusetzen, gibt es drei Möglichkeiten:
1. Kostenlose Hotline: Möglich ist die Einrichtung einer kostenlosen
Hotline, die durchgängig besetzt ist und von einer Ombudsperson betreut wird.
Alternativ besteht die Möglichkeit eines automatischen Anrufbeantworters, auf
der die Meldung aufgenommen und für eine angemessene Dauer gespeichert werden
kann.
2. Persönlicher Kontakt: Hinweisgeber/innen muss stets ermöglicht werden,
sich an eine Ombudsperson als Ansprechpartner/in wenden zu können, welche
gleichzeitig Vertraulichkeit zusichern können muss.
3. IT-gestütztes Hinweisgebersystem: Möglich ist zudem eine IT-gestützte
Lösung, welche es Hinweisgeber/innen ermöglicht, eine anonyme, verschlüsselte
Kommunikation mit einer Ombudsperson aufzunehmen, die zu jeder Tages- und
Nachtzeit stattfinden kann.
Die Umsetzung der EU-Richtlinie in nationales
Recht, gem. des Referentenentwurfs, ist jedoch im ersten Anlauf vorerst
gescheitert. Somit ist das Gesetzgebungsverfahren noch nicht abgeschlossen und
die Umsetzung der EU-Richtlinie in nationales Recht noch nicht vollzogen. Daher
bleibt abzuwarten, nach welchen nationalen gesetzlichen Vorgaben bei der Stadt
Schwelm eine solche Institution einzurichten ist.
3. CMS in der
Verwaltung:
Die
Gegebenheiten einer Kommune sind gänzlich anders aufgestellt, als die eines
wirtschaftlich tätigen Unternehmens, auf das sich das CMS in erster Linie
bezieht. Daher müsste ein CMS gerade in der Anwendung auf eine Kommune unter
gewissen Berücksichtigungen individuell gestaltet werden.
Übertragen
auf eine Kommune könnte nach § 62 GO NRW der Bürgermeister, im erweiterten Sinn
nach § 55 GO NRW der Rat einer Kommune als Adressat fungieren.
Nach § 101 (1) GO NRW haben mittlere kreisangehörige Städte eine
örtliche Rechnungsprüfung einzurichten. Diese wird für die Stadt Schwelm durch
die Rechnungsprüfung der Kreisverwaltung des Ennepe – Ruhr – Kreises im Rahmen
einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung wahrgenommen.
Die Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung bestimmen sich nach
den §§ 102 und 104 GO NRW.
Schwerpunktmäßig sind zu nennen:
·
Laufende Prüfung der Vorgänge in der
Finanzbuchhaltung
·
Dauernde Prüfung der
Zahlungsabwicklung
·
Prüfung von Vergaben
·
Wirksamkeit interner Kontrollen im
Rahmen des internen Kontrollsystems
·
Prüfung der Zweckmäßigkeit und der
Wirtschaftlichkeit der Verwaltung
·
Der Rat kann der örtlichen
Rechnungsprüfung weitere Aufgaben übertragen, der Bürgermeister innerhalb
seines Amtsbereichs ebenfalls.
Die Rechnungsprüfung nimmt somit wesentliche Kontrollfunktionen,
welche durch ein CMS erreicht werden sollen, bereits wahr. Es existiert somit
bereits eine „neutrale Kontrollinstanz. Dies wird durch folgende Merkmale
sichergestellt:
-
die örtliche Rechnungsprüfung
ist im Rahmen der Prüfungsaufgaben nach § 101 (2) GO unabhängig
und nicht weisungsgebunden; sie ist dem Rat (und im weiteren Sinne dadurch auch
den Bürger*innen) unmittelbar verantwortlich und in sachlichen Tätigkeiten
unterstellt.
-
Die Rechnungsprüfung hat
jederzeit das Recht, Buchungen und Aktenvorgänge einzusehen, als auch
unvermutete Prüfungen durchzuführen. So hat sie z.B. dauerhaft einen lesenden
Zugriff auf das Finanzverfahren und kann damit alle Buchungsvorgänge direkt
einsehen
-
Compliance relevante
Risikobereiche werden von der Rechnungsprüfung im Vorfeld eingegrenzt und im
Rahmen der jährlichen Prüfung untersucht.
Über die jährliche Prüfung der
Zweckmäßigkeit und der Wirtschaftlichkeit bei der Verwaltung der Stadt Schwelm
wird im Rechnungsprüfungsausschuss regelmäßig berichtet.
-
Auf Weisung des Rates
kann der Rechnungsprüfungsausschuss jederzeit Sonderprüfungen durchführen
lassen.
-
Gem. § 104 (1) Nr.6 GO
erfolgt seitens der Rechnungsprüfung auch die Prüfung der Wirksamkeit interner
Kontrollen, eines bei der Stadt Schwelm eingerichteten internen Kontrollsystems
(IKS).
Hierzu wurde anlässlich der Prüfung des Jahresabschlusses 2019
festgestellt, dass ein IKS für den Bereich Finanzen vorhanden ist und die
Empfehlung gegeben, das IKS auf die Gesamtverwaltung auszudehnen.
4. Interne
Kontrollfunktionen bei der Stadt Schwelm
Im Rahmen der allgemeinen Sorgfaltspflicht bestehen bei der
Stadt Schwelm bereits Maßnahmen zur Sicherstellung der Einhaltung gesetzlicher
Bestimmungen mittels interner Regelungen. Dies ist aufgrund der
Öffentlichkeitsfunktion einer Kommune im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben
ohnehin strenger geregelt als in der freien Wirtschaft (von
Aktiengesellschaften einmal abgesehen). Des Weiteren sind weitere Einrichtungen
von Kontrollsystemen zur Unterstützung der Verwaltungsleitung im oben genannten
Sinne in Bearbeitung.
Die folgenden internen Kontrolleinrichtungen bestehen bereits
oder sind im Aufbau:
-
eine unabhängige Vergabestelle als
Stabsstelle in der Verwaltung, in der die Vorgaben des Vergaberechtes
kontrolliert und eingehalten werden; eine enge Zusammenarbeit mit der örtlichen
Rechnungsprüfung ist dabei ebenfalls
gegeben
-
die Zusammenarbeit mit dem Kommunalen
Rechenzentrum in Lemgo welches als Datenschutzbeauftragter fungiert
-
die Einführung einer
Antikorruptionsstelle welche die Aufgabenbereiche der Dienstanweisung „der
Stadt Schwelm zur Vorbeugung von Korruption und zum Schutz der Beschäftigten“
abdeckt
-
Aufbau eines
Vertragsmanagementsystems über das Programm Enaio auch hinsichtlich
Vertragserfassung der USt 2b Bewertung; Zusammenspiel mit dem Tax Compliance
System s.u.
-
Installierung eines Tax Compliance
Systems in Zusammenarbeit mit einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
-
Einführung eines
Verwaltungsumfassenden internen Kontrollsystems (IKS- siehe oben).
-
Dienstanweisungen, in denen die
gesetzlichen und internen Vorgaben geregelt sind. Auch deren Einhaltung wird
von der örtlichen Rechnungsprüfung im Rahmen der dauernden Überwachung
überprüft.
-
Gleichstellungsbeauftragte zur
Berücksichtigung des LGG
-
Arbeitsschutz Isuplan
5. Fazit:
Bei der Stadt Schwelm bestehen bereits diverse
Kontrolleinrichtungen oder sie sind im Aufbau. Dies zeigt sehr deutlich, dass
die Verwaltung der Thematik aufgeschlossen gegenübersteht, um die Stadt vor
Schäden zu bewahren und deren Mitarbeitenden in der rechtmäßigen Ausübung der
Dienstgeschäfte zu unterstützen.
Die Verwaltung wird ein angemessenes CMS im Rahmen der
gesetzlichen Bestimmungen weiter ausbauen. Sie wird dabei durch die
Rechnungsprüfung in Ihrer Kontrollfunktion entsprechend unterstützt. Sobald
endgültige gesetzliche Vorgaben zu der EU-Richtlinie 2019/1937, Hinweisgeberschutz Richtlinie vorliegen, wird die Stadt Schwelm diese
entsprechend umsetzen.
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Der Bürgermeister gez. Langhard |