Betreff
Stellungnahme zum Antrag der FDP-Fraktion vom 12.04.2021 - Einführung eines Compliance Management Systems (CMS)
Vorlage
123/2021
Aktenzeichen
3 Kli
Art
Berichtsvorlage

Sachverhalt:

 

1. Zum CMS:

Ziel eines CMS ist die Unterstützung der Leitungs- und Aufsichtsorgane eines Unternehmens (hier: Geschäftsleitung), um eine ordnungsgemäße Unternehmensführung nebst Abwendung von Schäden und persönliche Haftungsausschlüsse von Organmitgliedern (Aufsichtsrat, Vorstand, und Geschäftsführung) zu gewährleisten.

Die Prüfungsstandards PS 980 des IDW beinhalten nicht nur die Implementierung eines Compliance Management Systems (welches von der Verwaltung in bestimmten Bereichen bereits vollzogen wird), sondern auch im Wesentlichen die Angemessenheits- und Wirksamkeitsprüfung eines solchen Compliance Managements Systems.

Gemäß der herrschenden Meinung in der Literatur ist es sinnvoll, für diese Maßnahmen  Wirtschaftsprüfer*innen mit entsprechenden Fachkompetenzen zu Rate zu ziehen. Bei der Überprüfung des CMS können nur externe Wirtschaftsprüfer*innen diese Prüfung vollziehen und nach erfolgter Prüfung ein Testat gem. den PS 980 des IDW erteilen.

Die vom IDW in den PS 980 genannten und von der FDP-Fraktion wörtlich zitierten 7 Grundelemente sind nicht als starre Anforderungskriterien oder Messgröße zu sehen. Dies ist als Gerüst zu sehen, in dem Raum für Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten gelassen wird. Somit kann das CMS speziell auf gewisse Anforderungen ausgerichtet werden.

 

2. Hinweisgeberschutz Richtlinie

Hinsichtlich der Erweiterung eines CMS um die Richtlinie (EU) 2019/1937, Hinweisgeberschutz Richtlinie, existiert zum jetzigen Zeitpunkt ein Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz. Mit diesem Entwurf soll die o.g. EU-Richtlinie umgesetzt werden. Ziel der Richtlinie ist es, die Aufdeckung und Unterbindung von Verstößen zu unterstützen, gleichzeitig jedoch auch den Hinweisgeber (Whistleblower) besser zu schützen.

 

Um die unter „1. Zum CMS“ genannten Vorgaben zur EU-Richtlinie 2019/1937 umzusetzen, gibt es drei Möglichkeiten:

1.    Kostenlose Hotline: Möglich ist die Einrichtung einer kostenlosen Hotline, die durchgängig besetzt ist und von einer Ombudsperson betreut wird. Alternativ besteht die Möglichkeit eines automatischen Anrufbeantworters, auf der die Meldung aufgenommen und für eine angemessene Dauer gespeichert werden kann.

2.    Persönlicher Kontakt: Hinweisgeber/innen muss stets ermöglicht werden, sich an eine Ombudsperson als Ansprechpartner/in wenden zu können, welche gleichzeitig Vertraulichkeit zusichern können muss.

3.    IT-gestütztes Hinweisgebersystem: Möglich ist zudem eine IT-gestützte Lösung, welche es Hinweisgeber/innen ermöglicht, eine anonyme, verschlüsselte Kommunikation mit einer Ombudsperson aufzunehmen, die zu jeder Tages- und Nachtzeit stattfinden kann.

Die Umsetzung der EU-Richtlinie in nationales Recht, gem. des Referentenentwurfs, ist jedoch im ersten Anlauf vorerst gescheitert. Somit ist das Gesetzgebungsverfahren noch nicht abgeschlossen und die Umsetzung der EU-Richtlinie in nationales Recht noch nicht vollzogen. Daher bleibt abzuwarten, nach welchen nationalen gesetzlichen Vorgaben bei der Stadt Schwelm eine solche Institution einzurichten ist.

 

3. CMS in der Verwaltung:

Die Gegebenheiten einer Kommune sind gänzlich anders aufgestellt, als die eines wirtschaftlich tätigen Unternehmens, auf das sich das CMS in erster Linie bezieht. Daher müsste ein CMS gerade in der Anwendung auf eine Kommune unter gewissen Berücksichtigungen individuell gestaltet werden.

Übertragen auf eine Kommune könnte nach § 62 GO NRW der Bürgermeister, im erweiterten Sinn nach § 55 GO NRW der Rat einer Kommune als Adressat fungieren.

Nach § 101 (1) GO NRW haben mittlere kreisangehörige Städte eine örtliche Rechnungsprüfung einzurichten. Diese wird für die Stadt Schwelm durch die Rechnungsprüfung der Kreisverwaltung des Ennepe – Ruhr – Kreises im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung wahrgenommen.

Die Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung bestimmen sich nach den §§ 102 und 104 GO NRW.

Schwerpunktmäßig sind zu nennen:

·         Laufende Prüfung der Vorgänge in der Finanzbuchhaltung

·         Dauernde Prüfung der Zahlungsabwicklung

·         Prüfung von Vergaben

·         Wirksamkeit interner Kontrollen im Rahmen des internen Kontrollsystems

·         Prüfung der Zweckmäßigkeit und der Wirtschaftlichkeit der Verwaltung

·         Der Rat kann der örtlichen Rechnungsprüfung weitere Aufgaben übertragen, der Bürgermeister innerhalb seines Amtsbereichs ebenfalls.

Die Rechnungsprüfung nimmt somit wesentliche Kontrollfunktionen, welche durch ein CMS erreicht werden sollen, bereits wahr. Es existiert somit bereits eine „neutrale Kontrollinstanz. Dies wird durch folgende Merkmale sichergestellt:

-       die örtliche Rechnungsprüfung ist im Rahmen der Prüfungsaufgaben nach § 101 (2) GO unabhängig und nicht weisungsgebunden; sie ist dem Rat (und im weiteren Sinne dadurch auch den Bürger*innen) unmittelbar verantwortlich und in sachlichen Tätigkeiten unterstellt.

 

-       Die Rechnungsprüfung hat jederzeit das Recht, Buchungen und Aktenvorgänge einzusehen, als auch unvermutete Prüfungen durchzuführen. So hat sie z.B. dauerhaft einen lesenden Zugriff auf das Finanzverfahren und kann damit alle Buchungsvorgänge direkt einsehen

 

-       Compliance relevante Risikobereiche werden von der Rechnungsprüfung im Vorfeld eingegrenzt und im Rahmen der jährlichen Prüfung untersucht.  Über die  jährliche Prüfung der Zweckmäßigkeit und der Wirtschaftlichkeit bei der Verwaltung der Stadt Schwelm wird im Rechnungsprüfungsausschuss regelmäßig berichtet.

 

-       Auf Weisung des Rates kann der Rechnungsprüfungsausschuss jederzeit Sonderprüfungen durchführen lassen.

 

-       Gem. § 104 (1) Nr.6 GO erfolgt seitens der Rechnungsprüfung auch die Prüfung der Wirksamkeit interner Kontrollen, eines bei der Stadt Schwelm eingerichteten internen Kontrollsystems (IKS).

Hierzu wurde anlässlich der Prüfung des Jahresabschlusses 2019 festgestellt, dass ein IKS für den Bereich Finanzen vorhanden ist und die Empfehlung gegeben, das IKS auf die Gesamtverwaltung auszudehnen.

4. Interne Kontrollfunktionen bei der Stadt Schwelm

Im Rahmen der allgemeinen Sorgfaltspflicht bestehen bei der Stadt Schwelm bereits Maßnahmen zur Sicherstellung der Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen mittels interner Regelungen. Dies ist aufgrund der Öffentlichkeitsfunktion einer Kommune im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben ohnehin strenger geregelt als in der freien Wirtschaft (von Aktiengesellschaften einmal abgesehen). Des Weiteren sind weitere Einrichtungen von Kontrollsystemen zur Unterstützung der Verwaltungsleitung im oben genannten Sinne in Bearbeitung.

Die folgenden internen Kontrolleinrichtungen bestehen bereits oder sind im Aufbau:

-       eine unabhängige Vergabestelle als Stabsstelle in der Verwaltung, in der die Vorgaben des Vergaberechtes kontrolliert und eingehalten werden; eine enge Zusammenarbeit mit der örtlichen Rechnungsprüfung ist  dabei ebenfalls gegeben

 

-       die Zusammenarbeit mit dem Kommunalen Rechenzentrum in Lemgo welches als Datenschutzbeauftragter fungiert

 

-       die Einführung einer Antikorruptionsstelle welche die Aufgabenbereiche der Dienstanweisung „der Stadt Schwelm zur Vorbeugung von Korruption und zum Schutz der Beschäftigten“ abdeckt

 

-       Aufbau eines Vertragsmanagementsystems über das Programm Enaio auch hinsichtlich Vertragserfassung der USt 2b Bewertung; Zusammenspiel mit dem Tax Compliance System s.u.

 

-       Installierung eines Tax Compliance Systems in Zusammenarbeit mit einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

 

-       Einführung eines Verwaltungsumfassenden internen Kontrollsystems (IKS- siehe oben).

 

-       Dienstanweisungen, in denen die gesetzlichen und internen Vorgaben geregelt sind. Auch deren Einhaltung wird von der örtlichen Rechnungsprüfung im Rahmen der dauernden Überwachung überprüft.

 

-       Gleichstellungsbeauftragte zur Berücksichtigung des LGG

 

-       Arbeitsschutz Isuplan

 

5. Fazit:

Bei der Stadt Schwelm bestehen bereits diverse Kontrolleinrichtungen oder sie sind im Aufbau. Dies zeigt sehr deutlich, dass die Verwaltung der Thematik aufgeschlossen gegenübersteht, um die Stadt vor Schäden zu bewahren und deren Mitarbeitenden in der rechtmäßigen Ausübung der Dienstgeschäfte zu unterstützen.

Die Verwaltung wird ein angemessenes CMS im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen weiter ausbauen. Sie wird dabei durch die Rechnungsprüfung in Ihrer Kontrollfunktion entsprechend unterstützt. Sobald endgültige gesetzliche Vorgaben zu der EU-Richtlinie 2019/1937, Hinweisgeberschutz Richtlinie vorliegen, wird die Stadt Schwelm diese entsprechend umsetzen.

 

 


 

 


 

 

 

 

 

Der Bürgermeister

gez. Langhard