Betreff
Umstrukturierung der TBS AöR
a) Beschluss über eine Empfehlung an den Rat der Stadt Schwelm (nur Verwaltungsrat)
b) Grundsatzentscheidung über die Umstrukturierung der TBS AöR (nur Hauptausschuss und Rat)
Vorlage
052/2021/1
Aktenzeichen
§ 2b UStG
Art
Beschlussvorlage der TBS

Sachverhalt:

Der Verwaltungsrat wurde in den vergangenen Jahren regelmäßig über die Auswirkungen des Systemwechsels bei der Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand (§ 2b UStG) auf die TBS sowie über die Überlegungen zur Umstrukturierung der AöR mit dem Ziel, die Mehrwertsteuerbelastung besonders des städtischen Haushalts zu minimieren, informiert.

Ausgangslage

Die TBS bestehen in der Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR) seit dem Jahr 2004. Die Tätigkeiten lassen sich in den (hoheitlichen) Gebührenbereich und den Dienstleistungsbereich unterteilen.

Als Kernaufgabe der TBS wurden in ihr wesentliche hoheitliche Aufgaben gebündelt.

Dieser gebührenfinanzierte hoheitliche Aufgabenbereich umfasst:

  • Abwasserbeseitigung
  • Abfallentsorgung
  • Straßenreinigung und Winterdienst
  • Friedhöfe

Das diesen Aufgaben zugehörige Infrastrukturvermögen beträgt rd. 70.000 T€ bei einer Bilanzsumme der TBS zum 31.12.2019 von rd. 75.300 T€. Die hieraus erzielten Gebühreneinnahmen betrugen in 2019 11.830 T€ (Vorjahr: 11.943 T€).

Der neben dem Gebührenbereich bestehende Dienstleistungsbereich umfasst insbesondere

  • Straßenbau inkl. Beleuchtung
  • Pflege der städtischen Grünflächen, Spielplätze, Sportanlagen
  • Wartung und Instandsetzung städtischer Fahrzeuge und Geräte und Vorhaltung der entsprechenden notwendigen Infrastrukturen (Kfz-Werkstatt)

Leistungsempfänger ist die Stadt Schwelm.

Ausschließlich diesem Bereich ist kein nennenswertes Anlagevermögen zugeordnet. In 2019 wurden hieraus Umsatzerlöse in Höhe von rd. 4.291 T€ erzielt (Vorjahr: 3.753 T€).

Umstrukturierungsbedarf wegen Umsatzsteuer (§ 2b UStG)

Mit Einführung des § 2b UStG erfolgte ein Systemwechsel beim Umsatzsteuerbegriff von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPöR). Tätigkeiten der TBS als jPöR sind nur dann für die Umsatzsteuer relevant, wenn die TBS mit diesen Tätigkeiten als Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts tätig wird.

Nach der bisherigen Regelung für jPöR (§ 2 Abs. 3 und 1 UStG) sind jPöR nur Unternehmer im Rahmen

  1. ihrer (ertragsteuerlichen) Betriebe gewerblicher Art (BgA)
  2. und ihrer land- oder forst-wirtschaftlichen Betriebe.

Die bisherige Sonderregelung des § 2 Abs. 3 UStG für die Umsatzbesteuerung von jPöR wurde gestrichen. An seine Stelle ist der neue § 2b UStG getreten.

Die Neuregelung gilt grundsätzliche ab dem 01.01.2017. Als Übergangsregelung bestand ein Wahlrecht, nach dem der § 2 Abs. 3 UStG – inklusiver Verlängerung –  bis Ende des Jahres 2022 weiterhin angewendet wird. Die TBS haben von dem Wahlrecht Gebrauch gemacht.

Umsatzsteuerliche Würdigung der Leistungsbeziehungen zwischen den TBS und der Stadt Schwelm nach § 2b UStG

§ 2b UStG führt zu einer deutlichen Ausweitung der umsatzsteuerrechtlich relevanten Bereiche einer jPöR. Im Falle einer AöR - wie der TBS – betrifft dies regelmäßig insbesondere den Dienstleistungsbereich zwischen der AöR und ihrer Trägerkommune.

Bei den Aufgaben der TBS ist daher umsatzsteuerlich zu differenzieren zwischen

  1. dem hoheitlicher (Gebühren)Bereich = keine umsatzsteuerlichen Auswirkungen infolge § 2b UStG
  2. dem Dienstleistungsbereich = umsatzsteuerliche Auswirkungen infolge § 2b UStG.

Die TBS haben sich bereits frühzeitig mit den Auswirkungen des § 2b UStG für ihren Aufgabenbereich befasst. Es liegen bereits vor:

  • eine wirtschaftliche Bewertung der Auswirkungen des § 2b UStG auf den Haushalt der Stadt auf Basis des Jahres 2018 vom 01.10.2019
    • Auf Basis dieser Bewertung würde sich – ohne die vorgeschlagene Umstrukturierung der TBS –  künftig eine wirtschaftliche Mehrbelastung der Stadt Schwelm aus von der TBS in Rechnung zu stellender Umsatzsteuer für die Dienstleistungen in einer Größenordnung von jährlich rd. T€ 480 ergeben.
  • eine Analyse der Auswirkungen des § 2b UStG auf die TBS und eine organisatorische Betrachtung der TBS
    • In dieser Analyse wurde die im Folgenden vorgeschlagene Umstrukturierung der TBS entwickelt und untersucht.

Zielsetzung der Umstrukturierung

  • Ursache für die Notwendigkeit einer Anpassung des Dienstleistungsbereichs der TBS ist die beschriebene Änderung im Bereich der Umsatzsteuer.
  • Vorrangiges Ziel der Umstrukturierung ist daher die Vermeidung bzw. möglichst weitgehende Minderung von künftigen steuerlichen und damit wirtschaftlichen Mehrbelastungen der Stadt Schwelm im Bereich dieser Dienstleistungen (rd. 480 T€ p.a.).
  • Die Lösung der umsatzsteuerlichen Problemstellung darf sich aber nicht nachteilig auf die Aufgabenerfüllung für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Schwelm auswirken. Daher werden sowohl der Erhalt der seitens TBS gewährleisteten Qualität bei der Leistungserbringung als auch der Erhalt des Leistungsumfangs als gleichwertige Ziele mit verfolgt.
  • Darüber hinaus haben der Vorstand der TBS und die Verwaltung der Stadt Schwelm gemeinsam folgende weitere Zielsetzungen für die Umstrukturierung definiert:
    • Erhalt der TBS im Bereich ihrer hoheitlichen Kernaufgaben.
    • Die sich umsatzsteuerlich ergebende Notwendigkeit des Handelns sollte als Chance genutzt werden, im Rahmen der notwendigen Umstrukturierung derzeit bestehende (nachteilige) Schnittstellen (zwischen TBS und Stadt sowie zwischen Fachbereichen der Stadt) zu eliminieren und Synergien auf Ebene der Stadt zu schaffen
      • durch die sinnvolle organisatorische Zusammenfassung von Aufgaben/Fachbereichen des Kernhaushalts
      • unter Einziehung des bisherigen Dienstleistungsbereichs der TBS.
  • Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist zudem, ob die Umstrukturierung gebührenneutral erfolgen kann.

Gestaltungsvorschlag TBS und Verwaltung

Der Vorstand der TBS und die Verwaltung der Stadt Schwelm haben aus der dargestellten Zielsetzung den folgenden Gestaltungsvorschlag erarbeitet:

  1. Ebene TBS: Übertragung des steuerlich problematischen Dienstleistungsbereichs und der Friedhöfe auf die Stadt Schwelm.
  2. Ebene Stadt: Künftige Organisation ist noch zu erarbeiten und durch den Rat zu beschließen.

 

Zu (1)    Ebene TBS:

Der Dienstleistungsbereich der TBS und die Friedhöfe werden aus der TBS herausgenommen und künftig von der Stadt selbst wahrgenommen. Übertragen würden die Bereiche

  • Pflege der Grünflächen, Sportplätze, Sportanlagen
  • Straßenbeleuchtung
  • Straßenbau
  • Kfz-Werkstatt (= Wartung & Instandhaltung städtischer Fahrzeuge & Geräte)
  • Friedhöfe

Im Zusammenhang mit der Aufgabenübertragung würden auch das Betriebsgelände (Wiedenhaufe 11) einschließlich der Wohngebäude sowie die Friedhöfe auf die Stadt übertragen. Das Betriebsgelände würde an die TBS rückvermietet, soweit dies für die hoheitliche Aufgabenerfüllung notwendig ist.

Die im Dienstleistungsbereich tätigen Mitarbeiter der TBS würden auf die Stadt übergeleitet.

Ergänzender Hinweis: Zwar handelt es sich bei den Friedhöfen um einen Gebührenbereich. Infolge des Sachzusammenhangs mit der Grünflächenpflege soll dieser aber ebenfalls übertragen werden.

Auf Ebene der TBS verbleiben damit deren hoheitliche Kernaufgaben

  • Abwasserbeseitigung
  • Abfallentsorgung
  • Straßenreinigung und Winterdienst

Infolge der Übertragung des Dienstleistungsbereichs würde die drohende steuerliche Belastung der Stadt iHv. jährlich rd. 480 T€ vermieden.

Zwar wäre eine vollständige Vermeidung von umsatzsteuerrelevanten Tätigkeiten zwischen TBS und Stadt Schwelm nicht möglich. Die entstehende Umsatzsteuerbelastung wäre jedoch verhältnismäßig gering.  

So würde die Stadt wie bisher Leistungen an die TBS in Gestalt von IT-Dienstleistungen, Personalmanagement, zentrale Dienste erbringen, die künftig mit Umsatzsteuer belastet wären. Die TBS würden ihrerseits z. B. im Rahmen von Sinkkastenreinigungen, Abfallentsorgung im Bereich Friedhof, Heimatfest etc. weiterhin Leistungen für die Stadt erbringen. 

Gebührenneutralität

  • Die Übertragung des Dienstleistungsbereichs kann vollständig gebührenneutral erfolgen.
  • Zwar ergibt sich auf Ebene der TBS eine Verschiebung von Verwaltungsumlagen in den Gebührenbereichen.
  • Aus Sicht der Stadt Schwelm (“Konzernsicht“) ist dies jedoch ergebnisneutral, da infolge der Rückführung des Dienstleistungsbereichs in entsprechender Höhe Einsparungen erzielt werden.
  • Zudem ergeben sich infolge des Wegfalls der Dienstleistungsbereiche auf Ebene der TBS nachhaltige Kosteneinsparungen in Höhe von per Saldo
    rd. 150 T€[1], die der Stadt wirtschaftlich zu Gute kommen. Ursache sind insbesondere Kosteneinsparungen im Personalbereich infolge des Verzichts auf die Wiederbesetzung von Stellen im Bereich der Verwaltung.

Wirtschaftliche Betrachtung der Umstrukturierung aus Sicht der Stadt "Konzernsicht"[2]

Welche Kosten beinhaltet die Umlage?[3]

 

Kategorie

bisher

neu[4]

Beispiele

betriebsbedingte Kosten

732 T€

531 T€

Betriebsleitung, Rechnungswesen, Prüfungs- und Beratungskosten, betriebsabhängige Versicherungen etc.

Immobilienkosten

221 T€

122 T€

Unterhaltung, Energie, Reinigung, Grundbesitzabgaben, immobilienabhängige Versicherungen etc.  (bisher); Miete (neu)

personalbedingte Kosten

180 T€

64 T€

Personalmanagement (seitens der Stadt), mitarbeiterabhängige Versicherungen, Betriebsarzt, Personalrat etc.

DV-bedingte Kosten

137 T€

98 T€

Pflege der IT-Infrastruktur (seitens der Stadt), Softwarepflegeverträge, Leitungskosten, Abschreibung Hard- und Software etc.

KFZ-Kosten

9 T€

7 T€

Umlage KFZ-Kosten und Werkstattkosten (bisher); Treibstoff, Betriebskosten, Versicherung, Steuer, Abschreibung, Werkstatteinsatz (Leistung der Stadt) (neu)

 

 

weiteres Vorgehen und Zeitplan

Vorstand und Verwaltung halten eine Umsetzung der Umstrukturierung der AöR zum 01.01.2022 für sinnvoll. Dies ermöglicht es der Verwaltung, die eigenen Anpassungen aufgrund des Systemwechsels bei der Umsatzbesteuerung auf Grundlage der neuen Organisation bis zum 31.12.2022 umzusetzen.

Aktuell erforderlich ist eine Grundsatzentscheidung der politischen Gremien, die beinhaltet, dass TBS und Verwaltung ermächtigt werden, die vorgeschlagene Umstrukturierung der AöR weiterzuverfolgen mit dem Ziel, die Grundlagen für eine endgültige Entscheidung der Politik über die Umsetzung dieser Umstrukturierung zu schaffen.

Nach dieser Grundsatzentscheidung stehen im Wesentlichen folgende Maßnahmen an:

·         Abschluss der Vorbereitungsphase, insbesondere

o   Aktualisierung der Darstellung der bilanziellen Auswirkungen auf Ebene der TBS und der Stadt Schwelm            

o   Entwurf der Änderung der Anstaltssatzung TBS

o   Entwurf Verträge Stadt und AöR (z. B. Kfz-Werkstatt, Gestellung Personal)

o   Entwurf eines Personalüberleitungsvertrages

o   Erstellung eines detaillierten Verzeichnisses über Vermögensgegenstände und Schulden, die im Wege der Umstrukturierung auf die Stadt übertragen werden soll.

o   Abstimmung mit der Kommunalaufsicht

o   Ggf. Abstimmung mit der Finanzverwaltung

o   Abstimmung mit den politischen Gremien

o   Einbindung der Personalräte, Gleichstellungsbeauftragten und Schwerbehindertenvertretungen

·         Umsetzungsphase, insbesondere

o   Endgültige Beschlussfassung im Rat

o   Änderung Satzung TBS

 



[1] Basis Werte 2018, zwischenzeitlich mit Blick auf mögliche Neuorganisation teilweise realisiert.

[2] Größere Darstellung siehe Anlage zur Vorlage

[3] Größere Darstellung siehe Anlage zur Vorlage

[4] Basis Werte 2018, zwischenzeitlich mit Blick auf mögliche Neuorganisation teilweise realisiert.


Beschlussvorschlag für den Verwaltungsrat (zu a):

Der Verwaltungsrat empfiehlt dem Rat der Stadt Schwelm die Grundsatzentscheidung bzgl. der Umstrukturierung der TBS AöR gemäß dargestelltem Gestaltungsvorschlag zu treffen.

Beschlussvorschlag für den Rat (zu b):

Der Rat der Stadt Schwelm ermächtigt TBS und Verwaltung, die vorgeschlagene Umstrukturierung der TBS AöR weiterzuverfolgen mit dem Ziel, die Grundlage für eine endgültige Entscheidung über die Umsetzung dieser Umstrukturierung zu schaffen.


                                                                                                                                  Der Vorstand

                                                                                                                                                    gezeichnet

                                                                                                                                                     Ute Bolte