Betreff
Befreiung von der Pflicht zur Aufstellung des Gesamtabschlusses 2019 gem. § 116a GO NRW
Vorlage
127/2020
Aktenzeichen
FB3/ Mü
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

 

Im Zusammenhang mit der normierten Umstellung vom System der Kameralistik auf das System der doppelten Buchführung hat der Gesetzgeber die Kommunen auch zur Aufstellung von Gesamtabschlüssen verpflichtet. Durch das Gesetz über ein Neues Kommunales Finanzmanagement für Gemeinden im Land Nordrhein-Westfalen (Kommunales Finanzmanagementgesetz NRW - NKFG NRW) vom 16. November 2004 wurde in § 116 Absatz 1 Sätze 1 und 2 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) geregelt, dass die Gemeinde in jedem Haushaltsjahr für den Abschlussstichtag 31. Dezember einen Gesamtabschluss unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung aufzustellen hat.

Er besteht aus der Gesamtergebnisrechnung, der Gesamtbilanz und dem Gesamtanhang und ist um einen Gesamtlagebericht zu ergänzen. Zu dem Gesamtabschluss hat die Gemeinde ihren Jahresabschluss nach § 95 GO NRW und die Jahresabschlüsse des gleichen Geschäftsjahres aller verselbstständigten Aufgabenbereiche in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Form zu konsolidieren (§ 116 Absatz 2 Satz 1 GO NRW).

 

Bei der Stadt Schwelm sind neben der Kernverwaltung die Technischen Betriebe Anstalt des öffentlichen Rechts (TBS AöR) als 100 %ige Tochtergesellschaft einzubeziehen.

  

Bislang wurden die Gesamtabschlüsse für die Haushaltsjahre 2010 bis 2015 von der Kämmerin aufgestellt und von der Bürgermeisterin bestätigt. Der geprüfte Gesamtabschluss des Jahres 2010 wurde vom Rat am 30.11.2017 bestätigt und der Bürgermeisterin wurde die uneingeschränkte Entlastung erteilt.

Die Gesamtabschlüsse 2011 bis 2015 liegen lediglich in der von der Kämmerin aufgestellten und von der Bürgermeisterin bestätigten Entwurfsfassung vor, da die Stadt Schwelm von der im „Gesetz zur Beschleunigung der Aufstellung kommunaler Gesamtabschlüsse“ enthaltenen Vereinfachungsmöglichkeit Gebrauch macht (vgl. hierzu auch SV 134/2017, SV 011/2019 und SV 045/2019).

Nach der zurzeit gültigen Fassung ist es ausreichend, der Anzeige des geprüften und vom Rat bestätigten Gesamtabschlusses 2018, die Gesamtabschlüsse 2011 bis 2017 lediglich in der Entwurfsfassung beizufügen. Dabei ist zu beachten, dass der Gesamtabschluss 2018 bis spätestens zum 31.12.2021 aufgestellt, geprüft und bei der Aufsichtsbehörde angezeigt sein muss. Mit der Erstellung der noch fehlenden Gesamtabschlüsse 2016 bis 2018 wird zeitnah begonnen.

 

Am 01. Januar 2019 ist das zweite Gesetz zur Weiterentwicklung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements (2. NKFWG NRW) in Kraft getreten. Im 2. NKFWG NRW ist unter anderem der § 116a GO NRW neu in die Gemeindeordnung eingefügt worden. Gemäß § 116a Absatz 1 GO NRW räumt der Gesetzgeber nunmehr eine größenabhängige Befreiung von der Pflicht zur Aufstellung eines Gesamtabschlusses und eines Gesamtlageberichtes ein.

   

Voraussetzung für die Befreiung von der Pflicht zur Gesamtabschlussaufstellung ist, dass zwei von den drei nachstehend aufgeführten Merkmalen am Abschlussstichtag und am vorhergehenden Abschlussstichtag zutreffen:

 

  1. die Bilanzsumme in den Bilanzen der Gemeinde und der einzubeziehenden verselbstständigten Aufgabenbereiche nach § 116a Abs. 3 übersteigen insgesamt nicht mehr als 1.500.000.000 Euro,

 

  1. die der Gemeinde zuzurechnenden Erträge aller vollkonsolidierungspflichtigen verselbstständigten Aufgabenbereiche nach § 116a Abs. 3 machen weniger als 50 Prozent der ordentlichen Erträge der Ergebnisrechnung der Gemeinde aus,

 

  1. die der Gemeinde zuzurechnenden Bilanzsummen aller vollkonsolidierungspflichtigen verselbstständigten Aufgabenbereiche nach § 116a Abs. 3  machen insgesamt weniger als 50 Prozent der Bilanzsumme aus.

 

Gemäß § 116a Absatz 2 GO NRW entscheidet der Rat für jedes Haushaltsjahr bis zum 30. September des auf das Haushaltsjahr folgenden Jahres über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Befreiung von der Pflicht zur Aufstellung eines Gesamtabschlusses. Die nächste erreichbare Ratssitzung findet am 01.10.2020 statt, da die ursprünglich für den 24.09.2020 vorgesehene Ratssitzung um eine Woche nach hinten verschoben worden ist. 

 

Das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 1 ist gegenüber dem Rat anhand geeigneter Unterlagen nachzuweisen. Die Entscheidung des Rates ist der Aufsichtsbehörde jährlich mit der Anzeige des durch den Rat festgestellten Jahresabschlusses der Gemeinde vorzulegen. Eine Mustervorgabe des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung (MHKGB) für den gem. § 116a Absatz 2 GO NRW zu führenden Nachweis existiert bisher nicht. Die Dokumentation des Vorliegens der Befreiungstatbestände kann jedoch mithilfe der durch die Gemeindeprüfungsanstalt NRW entwickelten Berechnungshilfe „Prüfung der Befreiungsmöglichkeit nach § 116a GO NRW zur Aufstellung eines NKF-Gesamtabschlusses“ vom 30.10.2019 erfolgen (Anlage 1).

 

Für die Überprüfung der drei Merkmale bezüglich der Befreiung von der Aufstellung des Gesamtabschlusses 2019 sind die Werte aus den Jahresabschlüssen der Jahre 2018 und 2019 der Konzernmutter (Stadt Schwelm) und der vollkonsolidierungspflichtigen verselbständigten Aufgabenbereiche (TBS AöR) maßgeblich. Beim Jahresabschluss 2019 der Stadt Schwelm wird auf den Entwurfsstand zurückgegriffen, da zum derzeitigen Zeitpunkt noch kein vom Rat bestätigter Endstand vorliegt. Da aber keine größeren Bewegungen mehr zu erwarten sind, wird dies als unkritisch eingestuft.

 

Nach der Berechnung der Kennzahlen ergibt sich folgendes Bild:

 

 

Kennzahl

2019

2018

Ergebnis

Bilanzsummen                  < 1.500.000.000,01 €

253.012.460,26 €

250.685.908,50 €

Kriterium erfüllt!

Anteil ordentliche Erträge < 50 %

20,12%

19,62%

Kriterium erfüllt!

Anteil Bilanzsumme          < 50 %

42,37%

42,58%

Kriterium erfüllt!

 

 

Weitere Details zur Berechnung können der beigefügten Anlage entnommen werden. Im Ergebnis erfüllt die Stadt Schwelm zu den Stichtagen 31.12.2018 und 31.12.2019 alle drei Merkmale. Dabei liegen die Werte zumindest bei den ersten beiden Kennzahlen deutlich unter den Grenzwerten.

 

Die Einführung der größenabhängigen Befreiungsmöglichkeiten lässt darauf schließen, dass der Gesetzgeber erkannt hat, dass die mit großem Arbeitsaufwand verbundene Erstellung von Gesamtabschlüssen in vielen Fällen in keinem Verhältnis zu dem damit verbundenen Erkenntnisgewinn steht.

 

Da dies auch auf die Gesamtabschlüsse der Stadt Schwelm zutrifft, sollte bei gleichbleibenden Rahmenbedingungen, auf die Erstellung dauerhaft verzichtet werden.  Falls in den künftigen Jahren von der Befreiungsregel kein Gebrauch mehr gemacht werden würde oder die Befreiungskriterien nicht mehr greifen würden, müsste die Stadt Schwelm wie für das Jahr 2010 erneut eine vollständige Eröffnungsbilanz erstellen bzw. eine komplette Rückrechnung durchführen.

 

Soweit von der Möglichkeit der Befreiung Gebrauch gemacht wird, ist anstelle des Gesamtabschlusses ein Beteiligungsbericht gem. § 117 GO NRW zu erstellen. Dieser wurde mit dem 2. NKFWG NRW dahingehend aufgewertet, dass Inhalte nun gesetzlich festgelegt wurden. Demnach muss der Bericht zu sämtlichen verselbstständigten Aufgabenbereichen Informationen über die Beteiligungsverhältnisse und Jahresergebnisse, zum Stand der Verbindlichkeiten, zur Entwicklung des Eigenkapitals sowie eine Darstellung der wesentlichen Finanz- und Leistungsbeziehungen untereinander und mit der Gemeinde enthalten.

Ein rechtsverbindliches Muster existiert aktuell nicht. Bisher liegt lediglich ein inoffizieller Entwurf aus dem Abstimmungsprozess zwischen den Spitzenverbänden und dem MHKBG vor. Dieser lässt vermuten, dass ein Großteil der verlangten „zukünftigen“ Komponenten bereits Bestandteil des jetzigen Beteiligungsberichtes ist und daher mit keinem wesentlichen Mehraufwand zu rechnen ist.

 

 

 

 

 

Die Bürgermeisterin

     In Vertretung      

gez. Schweinsberg 

 


Beschlussvorschlag:

 

Die Voraussetzungen für die Befreiung von der Pflicht zur Aufstellung eines Gesamtabschlusses gem. § 116a Abs. 1 GO NRW liegen für das Jahr 2019 vor. Auf die Aufstellung des Gesamtabschlusses 2019 wird verzichtet.