Betreff
a) Neufassung der Gebührensatzung für die kommunalen Friedhöfe in Schwelm (nur Verwaltungsrat)
b) Beschluss über die Ausübung des Weisungsrechts gemäß § 8 Abs. 3 der TBS-Unternehmenssatzung (nur Finanzausschuss und Rat)
Vorlage
024/2020
Aktenzeichen
TBS-Rewe/Gp
Art
Beschlussvorlage der TBS

Sachverhalt:

 

Die Kalkulation der Benutzungsgebühren für die kommunalen Friedhöfe wurde zuletzt 2016 im Rahmen der Einführung neuer Grabformen durchgeführt. Eine umfassende Gebühren-kalkulation erfolgte letztmalig in 2013. Seitdem hat sich die Situation auf den Friedhöfen, insbesondere durch erhöhte Nachfrage von pflegearmen Grabformen stark verändert. Dies wirkt sich erheblich auf die Kostenstruktur aus. Folglich ist der bisherige Aufbau der Kalkulation nicht mehr zeitgemäß und wurde auf Basis von Experten-Empfehlungen grundlegend überarbeitet. Gebührenbedarfsberechnung und –kalkulation werden nachfolgend im Einzelnen erläutert.

 


 

Gebührenbedarfsberechnung

 

Analog zu den „klassischen“ Benutzungsgebühren (Abfall, Abwasser, Straßenreinigung) erfolgt die Verteilung der Kostenarten auf Kostenträger mittels Betriebsabrechnungsbogen (BAB). Als Kostenträger werden die in der Satzung festgelegten Gebührenarten (Grabnutzung, Grabherstellung, Kapellennutzung und Nutzung von Kühl- / Leichenzelle) bestimmt. Bei der Grabnutzung erfolgt im BAB eine Differenzierung zwischen Urnen-wandnischen und Erdgräbern. Die Nutzung der Orgel wird aufgrund des geringfügigen Kostenvolumens (rd. 1,5 % der Kosten der Trauerhalle) und hoher Auslastung (rd. 84 %) nicht mehr als separate Gebühr ausgewiesen. Aus gebührenrechtlicher Sicht kann auf die Erhebung einer getrennten Gebühr verzichtet werden, wenn die Ungleichbehandlung für den Gebührenzahler nur geringfügig ins Gewicht fällt.

Für die Inanspruchnahme der Kühlzelle wird aufgrund der geringen Fallzahlen mit durchschnittlich 6 Tagen jährlich auf eine differenzierte Gebührenerhebung verzichtet.

 

Die bereinigten Gesamtkosten 2020 belaufen sich auf 701.810,00 €. Zur Verteilung auf die Kostenträger wurde, sofern eine direkte Zuordnung nicht möglich war, auf verschiedene Schlüssel wie Flächenanteile, Einsatzzeiten und Fallzahlen zurückgegriffen.

 

Die Friedhöfe erfüllen zu einem gewissen Anteil ökologische Funktionen und gelten als Erholungsorte und kulturelle Anziehungspunkte für Besucher. Die Pflegekosten dieser Flächen, die im öffentlichen Interesse stehen, dürfen aus gebührenrechtlichen Gesichtspunkten nicht auf die Grabnutzung umgelegt werden. Aus diesem Grund wird nach gängiger Praxis ein „Allgemeininteressenanteil“ zu Lasten der Gemeinde abgezogen. Die Festlegung dieses Wertes steht im Ermessen des Friedhofsträgers. Nach vorliegender Rechtsprechung und einschlägiger Literatur ist ein pauschaler Abzug von 10 – 25 % der Kosten vertretbar. Im BAB 2020 wurde ein Anteil von 10 % von den Gesamtkosten der Grabnutzung abgezogen (43.700 €). Der BAB ist als Anlage 1 beigefügt.

 

 

Gebührenkalkulation

 

Die für 2020 vorgeschlagenen Tarife sind in Anlage 2 als Übersicht nach einzelnen Gebührenarten dargestellt. Zum Vergleich sind die jeweiligen Gebührenbedarfe, die bisherigen Tarife und der Kostendeckungsgrad aufgeführt. Die Kalkulation der Gebührenarten wird nachfolgend erläutert. Das Zahlenwerk ist in Anlage 3 zusammengestellt.

 

Grabnutzungsgebühr Sarg- und Urnengräber ohne Urnenwandnischen (Anlage 3 S. 1):

 

Die Ermittlung der Gebührentarife ist aufgrund der verschiedenen Grabarten mit unterschiedlichen Flächen und Nutzungszeiten im Wege einer Äquivalenzziffernkalkulation vorzunehmen. Für 2020 sind erstmalig neben den Faktoren Nutzungszeit, Fläche und Pflegeaufwand zusätzlich Faktoren für Wahl und Gestaltung (Individualität, Verlängerungs-möglichkeit, Mehrfachbestattungen und Lage) eingeflossen. Dies wurde erforderlich, um dem wandelnden Bestattungsverhalten aus gebührenrechtlicher Sicht gerecht zu werden. Anstelle der klassischen Sargbestattung im Wahlgrab geht der Trend zu Urnenbestattungen mit möglichst geringem Pflegeaufwand für die Angehörigen wie beispielsweise die Anlagen „Ahorngarten“, „Magnoliengarten“ und „Zypressengarten“, die auf Wunsch mit Grabstein angeboten werden. Hier stellt der Flächenmaßstab allein keine geeignete Kalkulationsgrundlage mehr dar. Der Kalkulation ist zu entnehmen, dass die derzeit gefragtesten Grabarten für Sargbestattungen (Rasenwahlgrab) und Urnenbestattungen (Urnenwahlgrab Premium mit Quader / Findling / Stele) nunmehr die höchsten Äquivalenzziffern aufweisen und die Gebührentarife entsprechend angepasst wurden.

Die über Gebühren zu deckenden Kosten von 331.000 € ergeben bei einer gewichteten Fallzahl von 279,14 Recheneinheiten (Erwerbsfälle einschl. Verlängerungen multipliziert mit Äquivalenzziffern Zeit und Wahl / Gestaltung) Steigerungen der Gebührentarife von 71 % bei Erd-Wahlgräbern je Stelle bis zu 312 % für anonyme Urnengräber. Solche Gebührensprünge sind aus sozialen Erwägungen kaum umsetzbar. Um Abwanderungen zu vermeiden, wird für die einzelnen Gebührenarten ein Kostendeckungsgrad von 60 % vorgeschlagen. Das nicht über Gebühren zu deckende Defizit beläuft sich danach auf 132.000 €.

 

Grabnutzungsgebühr für Urnenwandnischen (Anlage 3 S. 1):

 

Der Gebührentarif für Urnenwandnischen wird separat kalkuliert. Die Kostenstruktur weicht von anderen Grabarten insbesondere wegen geringer Unterhaltungskosten und höherer kalkulatorischer Kosten zur Refinanzierung des Herstellungsaufwandes ab. Für 2020 wurden bereinigte Kosten von 62.000 € ermittelt. Bei geschätzten 25,65 Erwerbsfällen einschl. Verlängerungen ergibt sich ein Gebührentarif von 2.418 € und bedeutet eine Steigerung um 70 %. Zur moderaten Anpassung wird ein Gebührentarif von 1.813 € vorgeschlagen; dieser entspricht einem Kostendeckungsgrad von 75 %. Das Defizit beträgt damit 16.000 €.

 

Bestattungsgebühren (Grabherstellung, Ausgrabung, Umsargung), Anlage 3 S. 2:

 

In den Bestattungskosten von insgesamt 69.000 € sind die Aufwendungen für die Vor- und Nachbereitung der Grabstelle im Rahmen einer Bestattung berücksichtigt. Hierzu zählt bei Erdbestattungen manuelles und maschinelles Auswerfen, Ausschmücken und Zuschütten nach der Beisetzung, sowie Abräumung des Grabaushubes. Darüber hinaus werden die Kosten für die Ausgrabung und Umsargung von Leichnamen und Ausgrabung und Entnahme von Urnen berechnet.

Es handelt sich insbesondere um Personal-, Fahrzeug- und Verwaltungskosten. Als  Berechnungsgrößen zur Kalkulation werden nach gängiger Praxis einzig die Zeitanteile je Mitarbeiter für die verschiedenen Tätigkeiten zugrunde gelegt, welche auf den Arbeitszeit-aufzeichnungen und Befragungen der Friedhofsmitarbeiter basieren. Eine Unterscheidung zwischen Wahl- und Reihengräbern ist wegen gleichen Zeitaufwands nicht geboten.

Ausgrabungen bzw. Urnenentnahmen und Umsargungen kommen sehr selten vor. Aus diesem Grund wird für Berechnungszwecke ein Fall im Jahr je Tätigkeit angenommen. Für das Berühren von Leichen bei Ausgrabungen und Umsargungen werden den Mitarbeitern tarifliche Sonderzulagen gewährt, die dem jeweiligen Gebührentarif direkt zugeordnet werden.

 

Nutzungsgebühren für Trauerhalleneinrichtungen (Anlage 3 S. 3):

 

Im Rahmen der Kalkulation 2020 werden aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung lediglich zwei Gebührenarten berechnet, und zwar die Nutzung der Trauerhalle (Kapelle) zur Durchführung von Trauerfeiern und die Nutzung von Leichen- und Kühlzellen zur Aufbewahrung bis zur Bestattung bzw. Abholung zur Kremierung.

 

Die Kapellen-Nutzungsgebühr umfasst die Nutzung der gesamten verfügbaren Ausstattung einschl. Orgel. Im BAB wurden Kosten in Höhe von 134.000 € ermittelt. Die Kostenzuordnung erfolgte mithilfe eines differenzierten Verteilungssystems, bei welchem die jeweiligen Nutzflächen, Zeitanteile der Mitarbeiter, Wasserverbrauchswerte und Fallzahlen geschlüsselt auf Kapelle und Zellen umgelegt wurden. Anteilige Kosten durch Nutzung z.B. der Außentoiletten durch Friedhofsbesucher wurden bereinigt.

 

Um dem Trend zu Bestattungen ohne Nutzung der Trauerhalle entgegenzuwirken, wird ein Kostendeckungsgrad von 60 % vorgeschlagen. Damit reduziert sich der Gebührentarif für die Nutzung der Kapelle einschließlich Orgel von bisher 330 € auf 265 € bei einer prognostizierten Fallzahl von 162,67 Nutzungen. Die nicht durch Gebühren gedeckten Kosten belaufen sich auf 54.000 €.

 

Nach umfangreicher Überholung der Kühltechnik der Leichenkammern in 2015 ist die Nutzung der (Tief-) Kühlzelle nur noch in seltenen Fällen erforderlich. Die Entscheidung zur Aufbewahrung eines Leichnams in den kommunalen Einrichtungen treffen die Bestatter; lediglich über die Art der Aufbewahrung (Kühl- oder Leichenzelle) entscheiden die Friedhofsmitarbeiter nach gesundheitlichen und hygienischen Erwägungen. In den der Kalkulation zugrundeliegenden Jahren 2016 – 2018 wurde die Kühlzelle durchschnittlich an 6 Tagen pro Jahr genutzt; die Leichenzellen in 162 Fällen. Die Nutzung der Kühlzelle wurde bisher nach Nutzungstagen abgerechnet, die Leichenzellen nach Belegungsfällen. Künftig erfolgt eine einheitliche Abrechnung nach Belegungsfällen. Die Gesamtkosten betragen 61.000 €. Bei vollständiger Deckung über Gebührenerlöse beträgt der Gebührentarif 375 €, die Steigerungsrate - zur Vergleichbarkeit nur für Nutzung der Leichenzellen – läge bei 280 %.

Um einen Rückgang der Nutzungen zu vermeiden, wird ein Kostendeckungsgrad von 60 % vorgeschlagen. Der Gebührentarif beträgt hierbei 225 € je Nutzungsfall, das Defizit ist mit 24.000 € ausgewiesen.

 

 

Gebührensatzung

 

Die vorgeschlagenen Gebührensätze sind in den als Anlage 4 beigefügten Satzungsentwurf eingearbeitet. Bedingt durch die umfassenden Änderungen wird die Gebührensatzung als Neufassung vorgelegt. Auf eine Gegenüberstellung mit der bisherigen Fassung wird aus Gründen der Übersichtlichkeit verzichtet.

 


Beschlussvorschlag für den Verwaltungsrat (zu a):

1.    Die Neufassung der Gebührensatzung für die kommunalen Friedhöfe in Schwelm gemäß dem Entwurf zur Vorlage 024/2020 wird beschlossen.

2.    Der zugrunde liegenden Gebührenbedarfsberechnung und –kalkulation wird zugestimmt.

3.    Der Beschluss zu 1. steht unter dem Vorbehalt, dass der Rat keine anderslautende Weisung erteilt.

 

Beschlussvorschlag für den Finanzausschuss (zu b):

Der Finanzausschuss empfiehlt dem Rat der Stadt Schwelm, von seinem Weisungsrecht gemäß § 8 Abs. 3 der TBS-Unternehmenssatzung keinen Gebrauch zu machen.

 

Beschlussvorschlag für den Rat (zu b):

Der Rat der Stadt Schwelm macht keinen Gebrauch von seinem Weisungsrecht gemäß § 8 Abs. 3 der TBS-Unternehmenssatzung.

 


 

 

Der Vorstand

gezeichnet

Markus Flocke