b) Beschluss über die Ausübung des Weisungsrechts gemäß § 8 Abs. 3 der TBS-Unternehmenssatzung (nur Finanzausschuss und Rat)
Sachverhalt:
Die
Kalkulation der Benutzungsgebühren für die kommunalen Friedhöfe wurde zuletzt
2016 im Rahmen der Einführung neuer Grabformen durchgeführt. Eine umfassende
Gebühren-kalkulation erfolgte letztmalig in 2013. Seitdem hat sich die
Situation auf den Friedhöfen, insbesondere durch erhöhte Nachfrage von
pflegearmen Grabformen stark verändert. Dies wirkt sich erheblich auf die
Kostenstruktur aus. Folglich ist der bisherige Aufbau der Kalkulation nicht
mehr zeitgemäß und wurde auf Basis von Experten-Empfehlungen grundlegend
überarbeitet. Gebührenbedarfsberechnung und –kalkulation werden nachfolgend im
Einzelnen erläutert.
Gebührenbedarfsberechnung
Analog
zu den „klassischen“ Benutzungsgebühren (Abfall, Abwasser, Straßenreinigung)
erfolgt die Verteilung der Kostenarten auf Kostenträger mittels
Betriebsabrechnungsbogen (BAB). Als Kostenträger werden die in der Satzung
festgelegten Gebührenarten (Grabnutzung, Grabherstellung, Kapellennutzung und
Nutzung von Kühl- / Leichenzelle) bestimmt. Bei der Grabnutzung erfolgt im BAB
eine Differenzierung zwischen Urnen-wandnischen und Erdgräbern. Die Nutzung der
Orgel wird aufgrund des geringfügigen Kostenvolumens (rd. 1,5 % der Kosten der
Trauerhalle) und hoher Auslastung (rd. 84 %) nicht mehr als separate Gebühr
ausgewiesen. Aus gebührenrechtlicher Sicht kann auf die Erhebung einer
getrennten Gebühr verzichtet werden, wenn die Ungleichbehandlung für den
Gebührenzahler nur geringfügig ins Gewicht fällt.
Für
die Inanspruchnahme der Kühlzelle wird aufgrund der geringen Fallzahlen mit
durchschnittlich 6 Tagen jährlich auf eine differenzierte Gebührenerhebung
verzichtet.
Die
bereinigten Gesamtkosten 2020 belaufen sich auf 701.810,00 €. Zur Verteilung
auf die Kostenträger wurde, sofern eine direkte Zuordnung nicht möglich war,
auf verschiedene Schlüssel wie Flächenanteile, Einsatzzeiten und Fallzahlen
zurückgegriffen.
Die
Friedhöfe erfüllen zu einem gewissen Anteil ökologische Funktionen und gelten
als Erholungsorte und kulturelle Anziehungspunkte für Besucher. Die
Pflegekosten dieser Flächen, die im öffentlichen Interesse stehen, dürfen aus
gebührenrechtlichen Gesichtspunkten nicht auf die Grabnutzung umgelegt werden.
Aus diesem Grund wird nach gängiger Praxis ein „Allgemeininteressenanteil“ zu
Lasten der Gemeinde abgezogen. Die Festlegung dieses Wertes steht im Ermessen
des Friedhofsträgers. Nach vorliegender Rechtsprechung und einschlägiger
Literatur ist ein pauschaler Abzug von 10 – 25 % der Kosten vertretbar. Im BAB
2020 wurde ein Anteil von 10 % von den Gesamtkosten der Grabnutzung abgezogen
(43.700 €). Der BAB ist als Anlage 1 beigefügt.
Gebührenkalkulation
Die
für 2020 vorgeschlagenen Tarife sind in Anlage 2 als Übersicht nach
einzelnen Gebührenarten dargestellt. Zum Vergleich sind die jeweiligen
Gebührenbedarfe, die bisherigen Tarife und der Kostendeckungsgrad aufgeführt.
Die Kalkulation der Gebührenarten wird nachfolgend erläutert. Das Zahlenwerk
ist in Anlage 3 zusammengestellt.
Grabnutzungsgebühr Sarg-
und Urnengräber ohne Urnenwandnischen (Anlage 3 S. 1):
Die
Ermittlung der Gebührentarife ist aufgrund der verschiedenen Grabarten mit
unterschiedlichen Flächen und Nutzungszeiten im Wege einer
Äquivalenzziffernkalkulation vorzunehmen. Für 2020 sind erstmalig neben den
Faktoren Nutzungszeit, Fläche und Pflegeaufwand zusätzlich Faktoren für Wahl
und Gestaltung (Individualität, Verlängerungs-möglichkeit, Mehrfachbestattungen
und Lage) eingeflossen. Dies wurde erforderlich, um dem wandelnden
Bestattungsverhalten aus gebührenrechtlicher Sicht gerecht zu werden. Anstelle
der klassischen Sargbestattung im Wahlgrab geht der Trend zu Urnenbestattungen
mit möglichst geringem Pflegeaufwand für die Angehörigen wie beispielsweise die
Anlagen „Ahorngarten“, „Magnoliengarten“ und „Zypressengarten“, die auf Wunsch
mit Grabstein angeboten werden. Hier stellt der Flächenmaßstab allein keine
geeignete Kalkulationsgrundlage mehr dar. Der Kalkulation ist zu entnehmen,
dass die derzeit gefragtesten Grabarten für Sargbestattungen (Rasenwahlgrab)
und Urnenbestattungen (Urnenwahlgrab Premium mit Quader / Findling / Stele)
nunmehr die höchsten Äquivalenzziffern aufweisen und die Gebührentarife entsprechend
angepasst wurden.
Die
über Gebühren zu deckenden Kosten von 331.000 € ergeben bei einer gewichteten
Fallzahl von 279,14 Recheneinheiten (Erwerbsfälle einschl. Verlängerungen
multipliziert mit Äquivalenzziffern Zeit und Wahl / Gestaltung) Steigerungen
der Gebührentarife von 71 % bei Erd-Wahlgräbern je Stelle bis zu 312 % für
anonyme Urnengräber. Solche Gebührensprünge sind aus sozialen Erwägungen kaum
umsetzbar. Um Abwanderungen zu vermeiden, wird für die einzelnen Gebührenarten
ein Kostendeckungsgrad von 60 % vorgeschlagen. Das nicht über Gebühren zu
deckende Defizit beläuft sich danach auf 132.000 €.
Grabnutzungsgebühr für
Urnenwandnischen (Anlage 3 S. 1):
Der
Gebührentarif für Urnenwandnischen wird separat kalkuliert. Die Kostenstruktur
weicht von anderen Grabarten insbesondere wegen geringer Unterhaltungskosten
und höherer kalkulatorischer Kosten zur Refinanzierung des
Herstellungsaufwandes ab. Für 2020 wurden bereinigte Kosten von 62.000 €
ermittelt. Bei geschätzten 25,65 Erwerbsfällen einschl. Verlängerungen ergibt
sich ein Gebührentarif von 2.418 € und bedeutet eine Steigerung um 70 %. Zur
moderaten Anpassung wird ein Gebührentarif von 1.813 € vorgeschlagen; dieser
entspricht einem Kostendeckungsgrad von 75 %. Das Defizit beträgt damit 16.000
€.
Bestattungsgebühren
(Grabherstellung, Ausgrabung, Umsargung), Anlage 3 S. 2:
In
den Bestattungskosten von insgesamt 69.000 € sind die Aufwendungen für die Vor-
und Nachbereitung der Grabstelle im Rahmen einer Bestattung berücksichtigt.
Hierzu zählt bei Erdbestattungen manuelles und maschinelles Auswerfen,
Ausschmücken und Zuschütten nach der Beisetzung, sowie Abräumung des
Grabaushubes. Darüber hinaus werden die Kosten für die Ausgrabung und Umsargung
von Leichnamen und Ausgrabung und Entnahme von Urnen berechnet.
Es
handelt sich insbesondere um Personal-, Fahrzeug- und Verwaltungskosten.
Als Berechnungsgrößen zur Kalkulation
werden nach gängiger Praxis einzig die Zeitanteile je Mitarbeiter für die
verschiedenen Tätigkeiten zugrunde gelegt, welche auf den
Arbeitszeit-aufzeichnungen und Befragungen der Friedhofsmitarbeiter basieren.
Eine Unterscheidung zwischen Wahl- und Reihengräbern ist wegen gleichen
Zeitaufwands nicht geboten.
Ausgrabungen
bzw. Urnenentnahmen und Umsargungen kommen sehr selten vor. Aus diesem Grund
wird für Berechnungszwecke ein Fall im Jahr je Tätigkeit angenommen. Für das
Berühren von Leichen bei Ausgrabungen und Umsargungen werden den Mitarbeitern
tarifliche Sonderzulagen gewährt, die dem jeweiligen Gebührentarif direkt zugeordnet
werden.
Nutzungsgebühren für
Trauerhalleneinrichtungen (Anlage 3 S. 3):
Im
Rahmen der Kalkulation 2020 werden aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung
lediglich zwei Gebührenarten berechnet, und zwar die Nutzung der Trauerhalle
(Kapelle) zur Durchführung von Trauerfeiern und die Nutzung von Leichen- und
Kühlzellen zur Aufbewahrung bis zur Bestattung bzw. Abholung zur Kremierung.
Die
Kapellen-Nutzungsgebühr umfasst die Nutzung der gesamten verfügbaren
Ausstattung einschl. Orgel. Im BAB wurden Kosten in Höhe von 134.000 €
ermittelt. Die Kostenzuordnung erfolgte mithilfe eines differenzierten
Verteilungssystems, bei welchem die jeweiligen Nutzflächen, Zeitanteile der
Mitarbeiter, Wasserverbrauchswerte und Fallzahlen geschlüsselt auf Kapelle und
Zellen umgelegt wurden. Anteilige Kosten durch Nutzung z.B. der Außentoiletten
durch Friedhofsbesucher wurden bereinigt.
Um
dem Trend zu Bestattungen ohne Nutzung der Trauerhalle entgegenzuwirken, wird
ein Kostendeckungsgrad von 60 % vorgeschlagen. Damit reduziert sich der
Gebührentarif für die Nutzung der Kapelle einschließlich Orgel von bisher 330 €
auf 265 € bei einer prognostizierten Fallzahl von 162,67 Nutzungen. Die nicht
durch Gebühren gedeckten Kosten belaufen sich auf 54.000 €.
Nach
umfangreicher Überholung der Kühltechnik der Leichenkammern in 2015 ist die
Nutzung der (Tief-) Kühlzelle nur noch in seltenen Fällen erforderlich. Die
Entscheidung zur Aufbewahrung eines Leichnams in den kommunalen Einrichtungen
treffen die Bestatter; lediglich über die Art der Aufbewahrung (Kühl- oder
Leichenzelle) entscheiden die Friedhofsmitarbeiter nach gesundheitlichen und
hygienischen Erwägungen. In den der Kalkulation zugrundeliegenden Jahren 2016 –
2018 wurde die Kühlzelle durchschnittlich an 6 Tagen pro Jahr genutzt; die
Leichenzellen in 162 Fällen. Die Nutzung der Kühlzelle wurde bisher nach
Nutzungstagen abgerechnet, die Leichenzellen nach Belegungsfällen. Künftig
erfolgt eine einheitliche Abrechnung nach Belegungsfällen. Die Gesamtkosten
betragen 61.000 €. Bei vollständiger Deckung über Gebührenerlöse beträgt der
Gebührentarif 375 €, die Steigerungsrate - zur Vergleichbarkeit nur für Nutzung
der Leichenzellen – läge bei 280 %.
Um
einen Rückgang der Nutzungen zu vermeiden, wird ein Kostendeckungsgrad von 60 %
vorgeschlagen. Der Gebührentarif beträgt hierbei 225 € je Nutzungsfall, das
Defizit ist mit 24.000 € ausgewiesen.
Gebührensatzung
Die
vorgeschlagenen Gebührensätze sind in den als Anlage 4 beigefügten
Satzungsentwurf eingearbeitet. Bedingt durch die umfassenden Änderungen wird
die Gebührensatzung als Neufassung vorgelegt. Auf eine Gegenüberstellung mit
der bisherigen Fassung wird aus Gründen der Übersichtlichkeit verzichtet.
Beschlussvorschlag für
den Verwaltungsrat (zu a):
1. Die Neufassung der
Gebührensatzung für die kommunalen Friedhöfe in Schwelm gemäß dem Entwurf zur
Vorlage 024/2020 wird beschlossen.
2. Der zugrunde liegenden
Gebührenbedarfsberechnung und –kalkulation wird zugestimmt.
3. Der Beschluss zu 1. steht
unter dem Vorbehalt, dass der Rat keine anderslautende Weisung erteilt.
Beschlussvorschlag für
den Finanzausschuss (zu b):
Der
Finanzausschuss empfiehlt dem Rat der Stadt Schwelm, von seinem Weisungsrecht
gemäß § 8 Abs. 3 der TBS-Unternehmenssatzung keinen Gebrauch zu machen.
Beschlussvorschlag für
den Rat (zu b):
Der
Rat der Stadt Schwelm macht keinen Gebrauch von seinem Weisungsrecht gemäß § 8
Abs. 3 der TBS-Unternehmenssatzung.
|
Der Vorstand gezeichnet Markus Flocke |