Sachverhalt:
Die FDP-Fraktion hat mit Schreiben vom 17.04.2019 beantragt, der Rat der
Stadt Schwelm möge die Verwaltung beauftragen, bei der zukünftigen Abrechnung
von Straßenbaubeiträgen nach dem Kommunalabgabengesetz NRW die rechtlich
maximal mögliche Abrechnungsfrist von bis zu vier Jahren auszunutzen, bis die
angestrebte Modernisierung des KAG durch den Landtag beschlossen wurde.
Der beigefügte Antrag der FDP-Fraktion „auf Ausschöpfung der rechtlich
maximal möglichen Abrechnungsfrist bei Anliegerbeiträgen nach KAG“ vom
17.04.2019 wird zur Beratung und Beschlussfassung vorgelegt.
Das
Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes
Nordrhein-Westfalen hat zu Moratorien zur (vorläufigen) Zurückstellung der
Erhebung von Straßenbaubeiträgen am 16.11.2018 wie folgt Stellung genommen:
… Bei der derzeitigen Regelung handelt es sich nach
§ 8 Abs. 1 KAG NW um eine „Soll-Regelung“, die regelmäßig eine Pflicht zur
Erhebung von Straßenausbaubeiträgen indiziert. Im Hinblick auf ein vorläufiges
Absehen von der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen ist auf die Gefahr
hinzuweisen, dass das Zurückstellen der Beitragserhebung zu einem Eingreifen
der vierjährigen Festsetzungsverjährungsfrist führen könnte. Kommt es auf Grund
der Zurückstellung der Beitragserhebung zu einer Festsetzungsverjährung,
indiziert dies regelmäßig Regressansprüche gegen die jeweils verantwortlichen
kommunalen Entscheidungsträger. …
Der Ennepe-Ruhr-Kreis hat sich auf Anfrage der Verwaltung in
seiner Funktion als Kommunalaufsicht am 10.01.2019 wie folgt positioniert:
Grundsätzlich gelten für Stärkungspaktkommunen keine
speziellen oder abweichenden Regelungen. Hier kommt lediglich verschärfend
hinzu, dass durch einen Verzicht auf die Gebührenerhebung ggf. die
Konsolidierungsziele des Haushaltssanierungsplans gefährdet werden könnten.
In diesem Zusammenhang verweise ich zudem auf die Regelung
des § 77 Abs. 2 GO NRW, wonach die Kommune ihre Finanzmittel vorrangig aus
Gebühren, Leistungsentgelten etc., worunter auch Straßenbaubeiträge zu
subsumieren sind, zu beschaffen hat und erst nachrangig aus Steuern. D.h.
soweit und solange die Rechtslage die Möglichkeit zur Erhebung von
Straßenbaubeiträgen eröffnet, ist diese Möglichkeit der Finanzmittelbeschaffung
vorrangig wahrzunehmen, bevor Steuern wie Grundsteuer B, Gewerbesteuer,
Hundesteuer etc. erhoben werden.
Abschließend weise ich darauf hin, dass es sich bei der
Regelung des § 8 Abs. 1 KAG NRW, wie vom MHKBG NRW ausgeführt, um geltendes
Recht handelt, das bis zu einem Außerkrafttreten des Gesetzes bzw. der Regelung
anzuwenden ist.
Der Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen hat auf Anfrage der
Verwaltung auf die Ausführungen zur Diskussion um eine mögliche Abschaffung der
Straßenausbaubeiträge in NRW in seinem Schnellbrief 305/2018 verwiesen.
Danach hält die Geschäftsstelle
eine Nichtfestsetzung von Beiträgen, die gemäß § 8 Abs. 3 KAG entstanden sind,
allerdings aus den folgenden Gründen für rechtswidrig: Ein vollständiger
Verzicht wäre unzulässig, weil er dem auch für das kommunale Abgabenrecht
geltenden Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung widersprechen würde.
Aber auch eine nicht durch normale Verwaltungsabläufe oder besondere
Notwendigkeiten oder Umstände des Einzelfalls verursachte größere Verzögerung
bei der Festsetzung ist nur schwer mit geltendem Recht in Einklang zu bringen.
Nach § 155 AO, der über die Verweisung in § 12 I Nr. 4b KAG NRW auch für Kommunalabgaben
gilt, wird die Abgabe von der Finanzbehörde durch Steuerbescheid festgesetzt.
Dabei geht das Gesetz davon aus, dass nach Abschluss der Sachaufklärung die
Entscheidung über die steuerlichen Folgen getroffen wird. Die Festsetzung einer
Steuer steht nicht im Ermessen der Finanzbehörde. Sie ist vielmehr zur
Festsetzung der Steuer verpflichtet, sofern sich eine Steuerschuld aus dem
Gesetz ergibt und die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist (vergleiche
Lippross/Seibel, Basiskommentar Steuerrecht, § 155 AO Rn. 12). Nicht nur für
das „Ob“, sondern auch für das „Wie“ der Besteuerung gilt der in § 85 AO i.V.m.
§ 12 KAG festgelegte Grundsatz, dass die Finanzbehörden die Steuern gleichmäßig
festzusetzen und zu erheben haben. Dazu zählt eine gleichmäßige und
einheitliche Gesetzesanwendung (Lippross/Seibel, aaO, § 85 Rn. 2).
Beschlussvorschlag:
ohne
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Die Bürgermeisterin
In Vertretung gez. Schweinsberg |