Betreff
"Neue Mitte Schwelm"
- Darstellung des Handlungsfeldes
- Konzept zur zukünftigen Beteiligung der Öffentlichkeit
Vorlage
203/2016
Aktenzeichen
FB 6.1/StEB/Le
Art
Beschlussvorlage
Untergeordnete Vorlage(n)

 

Sachverhalt:

 

Tenor der Vorlage

Um die Entwicklung der „Neuen Mitte“ vorantragen zu können, gilt es einerseits das konkrete Handlungsfeld dieses Bereichs abzugrenzen. Dadurch können zukünftige Maßnahmen auf einen eindeutig definierten Bereich fokussiert werden.

 

Des Weiteren ist die Öffentlichkeitsbeteiligung innerhalb Schwelms zu stärken. Dies gilt nicht nur für die Entwicklung der „Neuen Mitte“ sondern ebenfalls für weitere wichtige Projekte. In diesem Sinne ist es notwendig Leitlinien zu entwickeln, so dass die Beteiligung der Öffentlichkeit zukünftig effizient und zielorientiert durchgeführt werden kann. Es wird als wichtig angesehen, die Entwicklung dieser Leitlinien von einer externen Moderation steuern zu lassen. Auf diese Weise wird eine objektive und fachlich fundierte Leitlinienentwicklung gewährleistet.

 

Für die Umsetzung des Konzepts zur Verbesserung der Öffentlichkeitsbeteiligung sind die Sicherung eines entsprechenden Etats sowie die Aufstellung eines Zeitplans erforderlich.

 

Vorbemerkungen zur Thematik

Der Begriff „Neue Mitte Schwelm“ wurde spätestens im vergangenen Jahr mit der Präsentation des ersten vorläufigen Verkehrskonzeptes für das Brauereiumfeld geprägt. Im Zusammenhang mit der geplanten Bebauung und Entwicklung des ehemaligen Brauereistandortes wurden die Ansätze aus der Verkehrsuntersuchung zum Bebauungsplan fortgeführt. Diese Ergebnisse wurden mit der Sitzungsvorlage 059/2016 und einer zugehörigen Power Point Präsentation in der Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Stadtentwicklung am 05.04.2016 präsentiert

Bereits zum Zeitpunkt der Präsentation wurde deutlich darauf hingewiesen, dass die Planungen  zur Erschließung des Projektes „Historische Brauerei“ zum Anlass genommen werden sollen, ein integriertes Handlungskonzept für die gesamte Innenstadt zu entwickeln. Dieser Ansatz geht davon aus, dass die geplante Neubebauung auf dem ehemaligen Brauereigelände und die Sanierung der historischen Brauereigebäude zu einem Initial für eine insgesamt förderliche Entwicklung der gesamten Innenstadt werden können und sollen.

Der mit der „Neuen Mitte“ bezeichnete Planungsprozess soll nun weiter  betrieben werden. Der Bebauungsplan Nr. 96 „Historische Brauerei“ ist im Jahre 2014 rechtskräftig geworden und setzt in seinem Geltungsbereich Mischgebietsflächen mit unterschiedlichen Nutzungen fest. Der Vorhabenträger hat das geplante Nutzungsmosaik mit seinem Architekten zur Bauantragsreife geführt. Die Planungen sind bauordnungsrechtlich, planungsrechtlich und denkmalrechtlich abgestimmt. Aus diesem Grunde muss davon ausgegangen werden, dass die Planungen, wenn nicht kurzfristig, so doch zumindest mittelfristig zur Umsetzung kommen.

Das von der Verwaltung zum Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan entworfene Zielkonzept beinhaltete unter anderem auch den Anspruch der Stadt Schwelm die Planungen in weitest gehendem Konsens mit der Öffentlichkeit zu gestalten. Dieser Anspruch soll auch für die Einbindung des Projektes in die unmittelbare Umgebung, in die „Neue Mitte Schwelm“ zur Maxime werden.

Aus diesem Grunde wird in dieser Vorlage ein weiterer Themenbereich „Konzept zur zukünftigen der Beteiligung der Öffentlichkeit“ gewidmet.

 

Das Handlungsfeld der „Neuen Mitte“ für die Beteiligung der Öffentlichkeit

Bereits in den Vorbemerkungen wurde Thematisiert, dass das Projekt „Historische Brauerei“ mit seiner verkehrstechnischen Einbindung Ausgangspunkt für die Überlegungen zur „Neuen Mitte“ war. Es  wurde außerdem darauf hingewiesen, dass diese Überlegungen in engem Zusammenhang  mit einer dringend anstehenden Überarbeitung der Fußgängerzone (Hauptstraße) zu sehen sind. Die Schwelmer Fußgängerzone wurde wie vielerorts  in den siebziger Jahren entwickelt und gebaut. Die Notwendigkeit ihrer  Überarbeitung und Neugestaltung ergibt sich daraus, dass sie deutlich überaltert ist.

Mit der Überalterung ist hier nicht lediglich die Abnutzung der Materialien, etwa der Oberflächen gemeint, sondern vor allem das in den siebziger Jahren zugrunde gelegte Nutzungs- und Freiraumkonzept bedarf der dringenden Überprüfung und Überarbeitung.

Ohne die Qualität der Schwelmer Fußgängerzone in dieser Vorlage im Detail vertiefen zu wollen und zu können, ist festzustellen, dass hier deutliche Defizite aus städtebaulicher und freiraumplanerischer Sicht bestehen. Neuere Überlegungen zur Stadtentwicklung gehen zusammen mit den Zielen der Quartiersentwicklung davon aus, dass Fußgängerzonen einen erlebbaren und nutzbaren Freiraum für die Bürgerinnen und Bürger darstellen müssen. Um von der heute überwiegenden Funktion des lediglich fußläufigen Bereiches sich zu einer solchen Qualität zu entwickeln, ist dringender Handlungsbedarf angesagt. Dabei sollen diese anzustrebenden Maßnahmen die Fußgängerzone nicht nur urbaner gestalten und für mehr Aufenthaltsqualität sorgen, sondern es ist auch durchaus ein lokaler wirtschaftspolitischer Ansatz denkbar.

Durch gezielte konzeptionelle und bauliche Maßnahmen kann Leerständen entgegengewirkt und bestehende Einzelhandelsnutzungen können gestärkt werden. Solche Ansätze  decken sich mit den Bestrebungen der GSWS, die ebenfalls  versucht, den Leerständen in der Innenstadt entgegenzuwirken.

 

In der dieser Vorlage als Anlage beigefügten Übersicht ist das Handlungsfeld der „Neuen Mitte Schwelm“ dargestellt.

 

Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass die Überlegungen zur „neuen Mitte Schwelm“  dazu führen sollen, dass die Bürgerinnen und Bürger mit „Innenstadt“ wieder mehr Urbanität und städtisches Lebensgefühl und intakte Sozialstrukturn im besten Sinne verbinden. Dieser hohe Anspruch bedingt zwingend, dass die betroffenen, geforderten und im besten Falle dann begünstigten Bürgerinnen und Bürger sehr frühzeitig und umfassend beteiligt werden.

 

Konzept zur zukünftigen Beteiligung der Öffentlichkeit

Der Fachbereich Planen und Bauen hat mit seinen Vorgängerabteilungen (Stadtentwicklungsbüro, Planungsamt) umfassende Erfahrungen mit Bürgerbeteiligungen. Dieser Umstand ist allein dadurch bedingt, dass das Baugesetzbuch und seine Vorgängerverordnungen seit Jahrzehnten die Bürgerbeteiligung, auch Beteiligung der Öffentlichkeit genannt, in der Bauleitplanung zwingend vorschrieben.

Um Öffentlichkeitsbeteiligungen auch außerhalb des Baugesetzbuches umfangreich und effizient gestalten zu können, gilt es innovative Inhalte und Formen der Beteiligung zu finden. Diese Notwendigkeit ist mittlerweile gesamtgesellschaftlich erkannt und bestätigt. Neue Formen der Bürgerbeteiligung sind Thema von vielfältigen Seminaren. Nahezu sämtliche an gesellschaftspolitischen Inhalten beteiligte Institutionen verfolgen die Ziele veränderter und verbesserter Beteiligungskultur.

Als Teil dieser gesamtgesellschaftlichen Entwicklung entstand das:

 

 

http://www.netzwerk-buergerbeteiligung.de/

 

In diesem Netzwerk haben sich eine große Anzahl von Kommunen zusammengefunden, um ihre Erfahrungen bei der Vorbereitung und Umsetzung neuer Beteiligungsmethoden auszutauschen. Außerdem sollen von diesen Erfahrungen auch andere, zur veränderten Beteiligungskultur bereite Kommunen profitieren.

Es sei an dieser Stelle deutlich darauf hingewiesen, dass die Verbesserung der Beteiligungskultur sich nicht auf das Fachgebiet der Stadtplanung beschränken soll, sondern umfassend für städtische Entscheidungsprozesse sein soll. Aus diesem Grunde sind einige grundlegende Ausführungen als einstieg in die Thematik erforderlich:

 

Demokratische Abstimmungs- und Entscheidungsprozesse in sind anspruchsvoller geworden als sie es in früheren Jahren in unsere Gesellschaft waren. Ohne an dieser Stelle eine vollständige Analyse vorlegen zu wollen, lassen sich folgende Thesen formulieren:

  • Das durchschnittliche Bildungsniveau der Bürgerschaft ist gewachsen und damit einhergehend auch ihr Selbstbewusstsein und der Anspruch, die öffentlichen Angelegenheiten mitzugestalten.
  • Während Staat und Kommune heute keine Autoritäten mehr darstellen, deren Entscheidungen unkritisch akzeptiert würden, ist zugleich auch die Integrations- und Bindungskraft der politischen Parteien gesunken.
  • Damit ist die politische Diskussion um das, was dem Gemeinwohl dient, breiter und individueller geworden, aber auch unstrukturierter und nicht selten emotionaler.
  • Die Technologie des Internets unterstützt diesen Prozess, weil sie Einzelnen oder kleinen Gruppen breite Publikations- und Vernetzungsmöglichkeiten verschafft und damit mehr Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung.
  • Diese gesellschaftlichen Prozesse darf die Stadt nicht ignorieren, sie sollten hilfreich sein und sollten unterstützt und getragen von Verwaltung  und Stadtrat ein deutlich stärkeres Gewicht erhalten.

 

Das o.g. Netzwerk Bürgerbeteiligung hat in verschiedenen Arbeitsgruppen „Empfehlungen für eine verlässliche und wirksame kommunale Beteiligungspolitik“ erarbeitet, die unter dem o.g. Link im Netz einsehbar sind.

Kerngedanke dieser Empfehlungen zu Beteiligungspolitik ist die Zugrundelegung von Leitlinien für Beteiligungsverfahren, die bereits in einem ersten Schritt gemeinsam von Politik, Verwaltung und Bürgerschaft erarbeitet werden sollen. Es wird als sinnvoll erachtet, dass die Stadt Schwelm einen „Arbeitskreis Leitlinien“ konstituiert, der sich paritätisch aus Mitgliedern dieser drei Akteure zusammensetzt. Darüber hinaus ist der Arbeitskreis Leitlinien durch eine externe Moderation zu steuern, um eine zielgerichtete, objektive und fachlich fundierte Prozesssteuerung zu gewährleisten

Zur Verdeutlichung dieses Prozesses sind  als Beispiel im Nachfolgenden die Werkzeuge und Mechanismen skizziert, mit denen die Stadt Bonn ihre Beteiligungspolitik verbessert hat:

 

Beispiel Bonn

Die wichtigsten Prinzipien der Leitlinien:

- Die Verwaltung informiert die Bürgerinnen und Bürger frühzeitig über ihre

  Vorhaben.

- Jeder und jede kann Bürgerbeteiligung zu Vorhaben der Stadt anregen und

   mitmachen.

- Bürgerbeteiligung bezieht sich immer auf ein konkretes Vorhaben der Stadt

  und eine konkrete Fragestellung.

- Die Koordinierungsstelle für Bürgerbeteiligung berät und unterstützt die

  Bürgerinnen und Bürger bei allen aufkommenden Fragen.

- Die Verwaltung macht die Ergebnisse und Zwischenstände einer

   Bürgerbeteiligung einer breiten Öffentlichkeit zugänglich.

- Bürgerbeteiligung ist ein ergebnisoffener Prozess.

- Bürgerbeteiligung beruht auf gegenseitigem Vertrauen.

- Beirat Bürgerbeteiligung: Ein trialogisch besetztes Gremium begleitet die

  Beteiligungsprozesse in Bonn, berät in strittigen Fragen und reflektiert die

   Ergebnisse der Evaluation.

 

Durchführung des Prozesses:

- Oberbürgermeister und Stadtrat haben die Einsetzung eines Arbeitskreises

  und die Entwicklung von Leitlinien.

- Erarbeitung der Leitlinien in einem trialogischen Prozess (Verwaltung,

  Stadtrat, Bürgerschaft)

- Elf Arbeitsgruppen-Sitzungen, drei ganztägige Workshops und zahlreiche

  Arbeitskreise zur Erarbeitung der Leitlinien Bürgerbeteiligung

- Entwurf von Leitlinien, Verwaltungsvorschrift und Satzungsentwurf

- Verabschiedung des Arbeitsergebnisses durch den Arbeitskreis und

  nachgehend im Rat

- Externe Moderation durch Stiftung Mitarbeit

- Kosten: 35.000 Euro für die externe Moderation (plus interne Kosten)

 

Qualitätskriterien:

1. Frühzeitige Einbindung der Bonner Einwohnerinnen und Einwohner

2. Klare Zielsetzung und Ergebnisoffenheit

3. Sorgfältige Prozessgestaltung

4. Ermutigung zur Mitwirkung

5. Transparente Prozessgestaltung

6. Fairness und Spielregeln im Prozess

7. Gemeinsame Verantwortung der Akteure

8. Verlässlicher Umgang mit den Ergebnissen der Beteiligung

9. Evaluation und Reflexion

 

Das zitierte Beispiel „Bonn“ soll lediglich einen Eindruck davon wecken, inwieweit eine verbesserte Bürgerbeteiligung durch Leitlinien, Mechanismen und Qualitätsmerkmale inhaltlich gestaltet werden kann und muss.  Das Beispiel ist selbstverständlich nicht auf eine Stadt wie Schwelm zu übertragen. Der im Rahmen der Durchführung zu gründende Arbeitskreis muss vielmehr die für die Stadt Schwelm erforderlichen und gültigen Leitlinien erarbeiten. Auch die Ratschläge der Veröffentlichungen des Netzwerkes Bürgerbeteiligung  gehen davon aus, dass die Leitlinien für die jeweiligen Städte individuell ausgestaltet sein sollen.

Aufgabe des Arbeitskreises muss auch sein, geeignete praktische Methoden zur Umsetzung der Bürgerbeteiligung festzulegen. Es steht fest, dass die klassischen Beteiligungsformen nicht mehr ausreichen. Um im Beteiligungsprozess möglichst viele, auch bildungsferne Gruppen der Gesellschaft zu erreichen, sind aufsuchende Beteiligungsformen erforderlich. Gemeint sind hier wohlstrukturierte Bürgerversammlungen mit professioneller Moderation, moderierte Workshops, oder auch „Beteiligungsbüros“ im zur Diskussion stehenden Viertel. Im Sinne einer ergebnisorientierten Bürgerbeteiligung sind in jedem Falle erhebliche Anstrengungen erforderlich, die in der Bürgerschaft vorhandenen Barrieren und sonstigen Ursachen für die in der Vergangenheit rudimentäre Beteiligung der Öffentlichkeit zu überwinden.

 

Der sog. Arbeitskreis Leitlinienentwicklung soll, wie gesagt paritätisch aus der Bürgerschaft, der Verwaltung und der Politik zusammengesetzt sein. Davon ausgegangen, dass im Stadtrat sieben Fraktionen vertreten sind, ergibt sich für das zu gründende Gremium eine rechnerisch ermittelte Mitgliederzahl von einundzwanzig Personen. Im Hinblick auf die Vertretung der Bürgerinnen und Bürger in dem Gremium sollte auch auf die unterschiedlichen bürgerschaftlich aktiven Gruppierungen zurückgegriffen werden. Beispielsweise die AGU oder die Arbeiterwohlfahrt sind in der Lage stellvertretend und als Multiplikatoren aus der Bürgerschaft in das Gremium hineinzuwirken.

Über die genauen Modalitäten zur Besetzung des Gremiums müssen noch Überlegungen angestellt werden. Das Ergebnis dieser Überlegungen mit entsprechenden Vorschlägen wird rechtzeitig zur Vorberatung mittels einer Ergänzungsvorlage übermittelt.

 

 

 

 


 

 

 

 

Allgemeine Vorbemerkungen zur Vorlage:

Die Vorlage 203/2016 wird wegen der diskussionswürdigen Themenstellung in der Sitzung des Hauptausschusses am 17.11.2016 eingebracht. Nach der Einbringung soll den Fraktionen auf diese Weise ausreichend Zeit zur Verfügung stehen, sich auf die Vorberatung im Ausschuss für Umwelt und Stadtentwicklung vorzubereiten.

 

 

Beschlussvorschlag:

 

  1. Die Abgrenzung des Handlungsfeldes „Neue Mitte Schwelm“ wird zur Kenntnis genommen
  2. Die Verwaltung wird beauftragt, den in dieser Vorlage beschriebenen „Arbeitskreis Leitlinienentwicklung“ zu konstituieren.
  3. Der „Arbeitskreis Leitlinienentwicklung“ ist durch eine externe Moderation zu steuern.
  4. Der Teilbereich Bürgerbeteiligung im Etatansatz „Räumliche Planungen und Entwicklung“ wird im erforderlichen Umfang erhöht.
  5. Der dem Konzept zur zukünftigen Beteiligung der Öffentlichkeit zugrundeliegende Zeitplan wird zur Kenntnis genommen.

 

 

 

 

 


Finanzielle Auswirkungen:

 

 

Produkt Nr.

     

Bezeichnung

     

 

 

Aufwand

Ertrag

Einmalig

Wiederkehrend  

Investiv

Konsumtiv

  

Bedarf i. Haushaltsjahr

     

Folgekosten

     

 

Im Etat enthalten:

 

 

ja

nein

 

Deckungsvorschlag:

 

 

 

 

 

Die Bürgermeisterin

gez. Grollmann