Betreff
Rufbereitschaft des Ordnungsamtes -Prüfung des Abschlusses einer öffentlich-rechtlichen-Vereinbarung-
Vorlage
100/2014
Art
Beschlussvorlage

Sachverhalt:

Die CDU-Fraktion im Rat der Stadt Schwelm hat am 07.04.2014 den anliegenden Antrag (Anlage 1) gestellt.

 

Die Verwaltung soll durch den Rat beauftragt werden, eine Kooperation in Form einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung für die Rufbereitschaft des Ordnungsamtes mit den Städten Sprockhövel, Gevelsberg und Ennepetal abzuschließen. Ziel soll die Effizienzsteigerung der ordnungsbehördlichen Aufgaben sein. Weiter verspricht man sich von der Kooperation Einsparpotentiale.

 

Grundsätzliches:

 

Eine gesetzliche Verpflichtung zur Einrichtung einer Rufbereitschaft bei den Ordnungsbehörden ergibt sich u. a. aus der Zuständigkeit nach PsychKG (Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten). Die Ordnungsbehörden sind gem. § 14 i. V. m. § 12 PsychKG für die sofortige Unterbringung von psychisch Kranken nach PsychKG zuständig. Weitere Verpflichtungen ergeben sich aus dem Aufgabenbereich nach dem Ordnungsbehördengesetz –OBG- (Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung).

Die Ordnungsbehörden sind gemäß § 13 OBG  verpflichtet, die ihnen obliegenden Aufgaben mit eigenen Dienstkräften durchzuführen. Eine Ermächtigung zur Aufgabenübertragung sieht das OBG in § 4 Abs. 2 nur in sehr engem Rahmen vor.

 

Zunächst ist von der Verwaltung festzuhalten, dass eine mangelnde Effizienz oder verbesserungsfähige Organisation bzw. Aufgabenwahrnehmung nicht ersichtlich ist. Der Rufbereitschaftsdienst des Ordnungsamtes wird von städtischen Mitarbeitern (auch in den Nachbargemeinden) auf freiwilliger Basis zusätzlich zum regulären Dienst und außerhalb der Dienstzeiten der Verwaltung (gegen tariflich geregelte finanzielle Vergütung bzw. Freizeitausgleich) wahrgenommen. Soweit Einsatzzeiten im Bereitschaftsdienst durch Freizeit abgegolten werden, erfolgt keine besondere Stundenverrechnung mit dem Produkt „Allgemeine Ordnungsangelegenheiten“. Die Belastung trifft somit die jeweiligen Fachbereiche, in denen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ordnungsbehördlichen Rufbereitschaft eingesetzt sind.

 

Der zeitliche Aufwand für reale Einsätze richtet sich nach den besonderen Umständen des Einzelfalles. Gerade bei den Einsätzen nach PsychKG („Zwangseinweisungen“), die das Schwergewicht der Tätigkeiten im ordnungsbehördlichen Bereitschaftsdienst bilden, legt die Verwaltung großen Wert darauf, die Maßnahme unter größtmöglicher Beachtung der Belange der Betroffenen zu gestalten, so dass beispielsweise von Zeitvorgaben abgesehen wird. Ebenso ist  auch die Begleitung des Transports in die Fachklinik durch den Bereitschaftsdienst aus Rechtsgründen erforderlich- und zur Deeskalation in einer für den Betroffenen massiv belastenden Situation angezeigt. Hier darf nicht vergessen werden, dass es sich um eine freiheitsentziehende Maßnahme handelt, die besondere Sorgfalt der handelnden Mitarbeiter erfordert. Auf Grund der örtlichen Besonderheiten in Schwelm mit dem einzigen Krankenhaus im südlichen Kreisgebiet und der Vielzahl von Alteneinrichtungen, werden hier die meisten Zwangseinweisungsfälle des südlichen Ennepe-Ruhr-Kreises verzeichnet. In Zahlen werden jährlich im Durchschnitt der vergangenen neun Jahre 41 Personen nach PsychKG eingewiesen. Hinzu kommen jährlich nochmals ca. 40 Fälle bei denen es nicht zur Zwangseinweisung kommt. Die meisten dieser Fälle treten außerhalb der Dienstzeiten der Verwaltung, also in den Abendstunden, am Wochenende und zu Feiertagen auf. Auf den Bereitschaftsdienst entfallen hiervon jährlich insgesamt ca. 65 Fälle. Auf Grund der besonderen Zuständigkeitsregelungen des PsychKG, werden vom Ordnungsamt Schwelm auch Fälle bearbeitet, bei denen betroffene Patienten nicht in Schwelm wohnen. Voraussetzung ist, dass die psychische Auffälligkeit erst in Schwelm entstanden ist. Dies ist in den meisten Fällen zutreffend, wenn Patienten zuvor mit anderen Diagnosen ins Krankenhaus eingeliefert wurden. Bei den betroffenen Südkreisstädten Sprockhövel und Ennepetal kommt es im Jahr zu ca. 15 und in Gevelsberg zu 20-25 Fällen nach PsychKG.

 

Den Städten des Ennepe-Ruhr-Kreises wurden unterschiedliche Fachkliniken für die Einweisungen nach PsychKG zugewiesen. Beispielsweise ist das KKRH Hattingen Niederwenigern für die Städte Schwelm, Ennepetal und Sprockhövel zuständig. Für Gevelsberg ist die Klinik in Herdecke zuständig. Die Einweisung muss zwingend in die zuständigen Kliniken erfolgen.

 

Neben den Zwangseinweisungen nach PsychKG fällt in den Aufgabenbereich des Bereitschaftsdienstes die vollständige Palette der ordnungsbehördlichen Aufgaben außerhalb der Dienstzeit der Verwaltung. Beispielsweise handelt es sich hier um dringend erforderliche Abschleppmaßnahme im Rahmen der Parkraumüberwachung, die Beendigung einer Ruhestörung in Zusammenarbeit mit der Polizei, die Unterbringung von Obdachlosen oder auch die Unterbringung eines Fundtieres. Ein Teil dieser Einsatzfälle kann von den diensthabenden Mitarbeitern telefonisch abgearbeitet werden. Für die meisten Fälle wird jedoch die Anwesenheit am Einsatzort erforderlich. In diesem Aufgabenbereich kommt es in Schwelm zu etwa 100 Einsätzen jährlich.

 

Der ordnungsbehördliche Bereitschaftsdienst Schwelm leistet somit ca. 160 – 170 Einsätze jährlich.

 

Befragung der betroffenen Ordnungsbehörden:

 

Die Verwaltung hat zwischenzeitlich erste Gespräche mit den betroffenen Fachkollegen der Städte Sprockhövel, Gevelsberg und Ennepetal geführt.

 

Die ordnungsbehördlichen Bereitschaftsdienste der vorgenannten Städte sind zum Teil unterschiedlich ausgestaltet. In Ennepetal übernimmt der Bereitschaftsdienst des Ordnungsamtes zusätzliche Aufgaben der dortigen Stadtbetriebe und der Gebäudeverwaltung.

 

Die befragten Fachkollegen der betroffenen Städte äußerten sich zusammenfassend wie folgt:

 

Für die sachgerechte Ausführung der Aufgaben nach dem OBG sind insbesondere gute Ortskenntnisse der handelnden Personen erforderlich. Weitere Voraussetzungen des ortsbezogenen Einsatzes stellen Kenntnisse der örtlichen Institutionen, Vereine, Gewerbebetriebe, so wie die örtlichen „Brennpunkte“ dar. Gefahrenabwehr erfordert eine kurzfristige Einsatzbereitschaft. Die Polizei hat auf dem Gebiet der ordnungsbehördlichen Gefahrenabwehr das Recht und die Pflicht des ersten Eingriffs und muss sich darauf verlassen können, dass die zuständige Ordnungsbehörde kurzfristig ihre Aufgabe übernehmen kann. Der Bereitschaftsdienst des Ordnungsamtes wird bereits jetzt aus Kostengründen in Form der Rufbereitschaft von Mitarbeitern ausgeübt, die in max. 30 bis 40 Minuten nach Alarmierung vor Ort sind. Mitarbeiter, die große Entfernungen zwischen Wohn- und Dienstort zurücklegen müssen, können keinen Bereitschaftsdienst leisten. Für diese Mitarbeiter müsste der Arbeitgeber/Dienstherr am Dienstort eine Unterkunft stellen, damit der Bereitschaftsdienst sachgerecht ausgeübt werden kann. Es hat sich bei den betroffenen Städten bewährt, dass der Bereitschaftsdienst ausschließlich von Mitarbeitern wahrgenommen wird, die sich freiwillig engagieren. Die Verpflichtung von Mitarbeitern (die nur eingeschränkt möglich ist) führt zu erhöhtem Organisationsaufwand und damit zu höheren Kosten. Bei den betroffenen Städten (einschließlich Schwelm) bestehen z.Zt. keine Personalkapazitäten für die Organisation einer ordnungsbehördlichen Rufbereitschaft für ca. 117.000 Einwohner auf einer Fläche von 151,7 qkm (Quelle: Ennepe-Ruhr-Kreis). Bei der hier ermittelten Fläche bewegt sich die Organisation in der Größenordnung der Stadt Hagen mit einer Fläche von 160 qkm. Es wird für mindestens bedenklich gehalten, ortsfremde Mitarbeiter von Ordnungsbehörden im Zuständigkeitsgebiet anderer Ordnungsbehörden einzusetzen.

 

Kosten des ordnungsbehördlichen Bereitschaftsdienstes in Schwelm:

 

Die Kosten für den Bereitschaftsdienst bei der Stadt Schwelm belaufen sich derzeit nach Angaben der Personalverwaltung auf ca. 23.500€. Enthalten sind hier die Vergütung und die anfallenden Reisekosten. Mehrarbeit wird durch Freizeitausgleich abgeglichen. Welche Einsparungen durch eine kooperative Wahrnehmung erzielt werden könnten, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht mitgeteilt werden. Aufgrund der Einsatzhäufigkeit in Schwelm (insbesondere im Bereich der Einweisungen nach PsychKG), ist davon auszugehen, dass die Rufbereitschaft nicht nur von einem Mitarbeiter für alle betroffenen Gemeinden ausgeübt werden könnte. Es bedarf einer genauen Ermittlung bei allen betroffenen Gemeinden, wenn die Vereinbarung geprüft werden soll.

 

Der Ordnungsbehörde der Stadt Schwelm fehlen z.Zt. die personellen Kapazitäten zur Übernahme und Organisation der Rufbereitschaft für die angesprochenen Gemeinden.

 

Voraussetzungen zur Realisierung des Antrages der CDU:

 

Der Verwaltung ist bekannt, dass in einigen wenigen Städten in NRW vergleichbare Vereinbarungen getroffen wurden. Diese Vereinbarungen sind jeweils dem Kostendruck der handelnden Kommunen geschuldet und lassen eine großzügige Auslegung der rechtlichen Rahmen erkennen. Eine gerichtliche Überprüfung dieser Vereinbarungen hat bisher wohl nicht stattgefunden.

 

Die Ordnungsbehörden der Städte Sprockhövel, Gevelsberg und Ennepetal würden Ihre Verwaltungsleitungen und politischen Gremien einschalten, wenn der Rat der Stadt Schwelm die Ordnungsbehörde der Stadt Schwelm damit beauftragt, den Abschluss einer öffentlich-rechtlichen-Vereinbarung zu prüfen.

 

Die beantragte Verfahrensart setzt voraus, dass die betroffenen Gemeinden eine öffentlich-rechtliche-Vereinbarung gemäß GkG NRW (Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit) abschließen. In dieser Vereinbarung wäre festzulegen, welche Gemeinde (mit eigenem Personal) die Aufgabe gegen Kostenerstattung übernimmt. Die Zuständigkeit für die Genehmigung einer derartigen Kooperation liegt allein bei der Aufsichtsbehörde (Ennepe-Ruhr-Kreis). In Schwelm wäre der Hauptausschuss und der Rat der Stadt Schwelm im Verfahren zum Abschluss einer öffentlich-rechtlichen-Vereinbarung zu beteiligen.

 


Beschlussvorschlag:

Der anliegende Antrag (Anlage 1) der CDU-Fraktion im Rat der Stadt Schwelm wird zur Beratung und Beschlussfassung vorgelegt.

 


Finanzielle Auswirkungen:

 

 

Produkt Nr.

02.01.01

Bezeichnung

     

 

 

Aufwand

Ertrag

Einmalig

Wiederkehrend  

Investiv

Konsumtiv

  

Bedarf i. Haushaltsjahr

     

Folgekosten

     

 

Im Etat enthalten:

 

 

ja

nein

 

Deckungsvorschlag: