Betreff
Bebauungsplan Nr. 95 "Brauerei" 1. Aufstellungsbeschluss gem. § 2 Abs. 1 BauGB 2. Beschluss zur frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit gem. § 3 Abs. 1 BauGB 3. Beschluss zur frühzeitigen Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange gem. § 4 Abs. 1 BauGB
Vorlage
008/2012
Aktenzeichen
StEB/Le
Art
Beschlussvorlage
Untergeordnete Vorlage(n)

Sachverhalt:

Vorbemerkungen

Die Betriebsstätte der Brauerei Schwelm befindet sich im Kernbereich der Schwelmer Innenstadt. Nach einer wechselvollen Geschichte mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Eigentümern der Immobilie und unterschiedlichen Betreibern fand die Brauerei zum Ende des Jahres 2011 zumindest vorläufig ihr Ende als produzierender Betrieb.

Der Rat der Stadt Schwelm hat in seiner Sitzung am 15.12.2011 die Verwaltung mit der Erarbeitung eines Bebauungsplanes für das Brauereigelände beauftragt. Sowohl in der Sitzung des Rates, als auch in den vorhergehenden Fachausschüssen bestand in den Diskussionen weitgehender Konsens, dass der zu entwickelnde Bebauungsplan einerseits der Sicherung des Brauereistandortes als Produktionsstätte, andererseits einer geregelten städtebaulichen Entwicklung dienen soll. Ein weiterer Konsens bestand darin, dass der Inhalt des Bebauungsplanes in enger Abstimmung mit dem derzeitigen Besitzer der Immobilie erarbeitet werden soll. Da zum derzeitigen Verfahrensschritt, dem Aufstellungsbeschluss, noch kein konkretes städtebauliches Konzept mit dem Eigentümer erarbeitet werden konnte, muss sich der Aufstellungsbeschluss auf grundlegende städtebauliche Inhalte beschränken.

Zur Erarbeitung dieser grundlegenden städtebaulichen Inhalte ist hier zunächst die Erfassung der Basisdaten des zukünftigen Bebauungsplangebietes erforderlich.

 

Städtebauliche Situation und Grunddaten

Das Betriebsgelände der Brauerei befindet sich zwischen der Schulstraße, der Straße Neumarkt und der Brauereigasse. Es umfasst eine Fläche von ca. 5.680 m², der gesamte Geltungsbereich des Bebauungsplanes umfasst ca. 9,600 m². In westlicher Richtung schließt sich jenseits der Schulstraße das „Schwelm-Center“ mit angeschlossenem Parkhaus an. Nördlich grenzen mehrgeschossige Wohn- und Geschäftshäuser an, die von der Schulstraße und der Straße Neumarkt erschlossen sind. Östlich befinden sich jenseits der Straße Neumarkt ebenfalls mehrgeschossige Wohn- und Geschäftshäuser und daran anschließend das Gebäude bzw. Gelände der in den siebziger Jahren errichteten Stadtsparkasse. In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, dass die Sparkasse im Frühjahr 2012 hier mit umfangreichen Umbaumaßnahmen beginnen wird. Südlich der Brauerei befinden sich jenseits der Brauereigasse (Untermauerstraße) die rückwärtigen Bereiche der Fußgängerzonenbebauung.

 

Planungsrechtliche Situation

Im Flächennutzungsplan der Stadt Schwelm ist der gesamte hier beschriebene Bereich, einschließlich des Brauereigeländes, als gemischte Baufläche ausgewiesen. Lediglich für den Bereich des Schwelm-Centers und das angrenzende Amtsgericht besteht der rechtsgültige Bebauungsplan Nr. 19 „Untermauerstraße“, der hier ein Kerngebiet und Flächen für den Gemeinbedarf festsetzt. Da der zu erarbeitende Bebauungsplan deutlich weniger als 20.000m² Grundfläche festsetzen wird, kann seine Aufstellung im sogenannten beschleunigten Verfahren, auf der Grundlage des § 13a Baugesetzbuch erfolgen. In Würdigung der Lage des Bebauungsplangebietes in der Innenstadt und der Sensibilität der Thematik des Brauereistandortes sieht die Verwaltung die Notwendigkeit, trotz der Anwendung des § 13a BauGB, die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit gem. § 3 Abs.1 BauGB und der Behörden gem. § 4 Abs. 1 BauGB durchzuführen

 

Verkehrliche Situation

Das Brauereigelände wird an drei Seiten durch öffentliche Verkehrsflächen begrenzt. Bei der Schulstraße und der Straße Neumarkt handelt es sich um innerörtliche Erschließungsstraßen, die Brauereigasse (Untermauerstraße) ist Bestandteil der Fußgängerzone. In der Schulstraße zweigt etwa in Höhe der nördlichen Begrenzung des Brauereigeländes die Gerichtsstraße in Richtung Westen ab, die hier lediglich fußläufig erschlossen ist. Aus verkehrlicher Sicht ist das in der Schulstraße befindliche und zum Schwelm-Center gehörige Parkhaus erwähnenswert, das jedoch nur von der Bahnhofstraße angefahren werden kann. Lediglich eine Ausfahrt des Parkhauses befindet sich in der Schulstraße.

 

Denkmalrechtliche Situation

Erhebliche Teile der Traditionsbrauerei sind denkmalrechtlich geschützt. Bei dem an der Einmündung der Brauereigasse in die Fußgängerzone gelegenen Verwaltungsgebäude handelt es sich um ein Baudenkmal. Der entlang der Brauereigasse befindliche Brau- und Sudbereich ist als technisches Kulturdenkmal geschützt. Diese Schutzausweisung erstreckt sich auch auf die unter dem Bereich befindlichen Gewölbekeller, die 9-10m tief ins Erdreich ragen.

 

Ökologische Situation

Das Betriebsgelände der Brauerei ist nahezu völlig mit aufstehenden Gebäuden und asphaltierten Flächen versiegelt. Lediglich im Bereich des Gehweges der Straße Neumarkt befinden sich einige öffentliche Straßenbäume. Es handelt sich dabei um Linden, die ein Alter von ca. 80-100 Jahren aufweisen.

Über Altlasten oder Bodenverunreinigungen liegen auf dem Gelände keine Erkenntnisse vor. Der geologische Untergrund ist dem devonischen Massenkalk zuzuordnen, eine Tatsache, die für die zukünftige Bebauung die Möglichkeit der Versickerung, die eigentlich der § 51a des Landeswassergesetzes vorschreibt, ausschließt. Der devonische Massenkalk weist in der Regel Verkarstungen auf, die zu verstärkter Erdfallgefahr mit der Bildung von Dolinen führt. Diesem Sachverhalt ist im Hinblick auf die Bebauung auch durch die Erarbeitung entsprechender baugrundtechnischer Gutachten Rechnung zu tragen.

 

Immissionsschutzrechtliche Situation

Der Betrieb von Brauereien ist durch das Bundesimmissionsschutzgesetz (BimSchG) und im Einzelnen durch die 4. Verordnung zur Durchführung dieses Gesetzes geregelt. Der Immissionsschutzgedanke wiegt hier desto schwerer, als hier ein Brauereistandort in der Innenstadt, in einer gemischten Baufläche, unmittelbar angrenzend an auch durch Wohnen genutzte Bereiche zur Diskussion steht. Das BimSchG mit der genannten Durchführungsverordnung stellt lediglich Brauereien mit einem täglichen Ausstoß von weniger als 200 Hektolitern von der Prüfung nach seiner Rechtsnorm frei.

Die bis zum Ende des Jahres 2011 betriebene Brauerei hatte einen deutlich höheren Ausstoß. Grundlage war ein Genehmigungsbescheid auf der Grundlage des BimSchG des Staatlichen Umweltamtes Hagen aus dem Jahre 2006. Dem damaligen Besitzer der Immobilie und Betreiber der Brauerei wurde auf Antrag genehmigt, den Bierausstoß von 150.000 hl pa auf 360.000 hl pa nach Durchführung entsprechender Änderungen im Produktionsprozess zu erhöhen.

Die Änderungen im Produktionsprozess wurden begonnen und teilweise durchgeführt, aber nicht zum Abschluss gebracht. Damit wurde die immissionsschutzrechtliche Erlaubnis aus dem Jahre 2006 nicht ausgeschöpft. Die Vorgehensweise des Betreibers war nur durch entsprechende jährliche Fristungsbescheide (Verlängerung der Gültigkeit der immissionsschutzrechtlichen Erlaubnis) der unteren Immissionsschutzbehörde des EN-Kreises möglich.

Bezugsebene des Genehmigungsbescheides aus dem Jahre 2006 ist die in der Innenstadt befindliche Immobilie. Nach Auskunft der unteren Immissionsschutzbehörde des EN-Kreises hat der jeweilige Immobilienbesitzer innerhalb von drei Jahren Gelegenheit, sich auf den Genehmigungsbescheid zu berufen und ihn wieder aufleben zu lassen. Inwieweit das BimSchG-Verfahren aus dem Jahre 2006 im hier anstehenden Bebauungsplanverfahren verwendet, berücksichtigt oder angerechnet werden kann, kann von hier noch nicht beurteilt werden. Wiederum nach Auskunft der Aufsichtsbehörden wird die Immissionsschutzproblematik der Brauerei im Bebauungsplanverfahren erneut geprüft.

 

 

Zielkonzept

Einerseits aus dem Auftrag des Rates der Stadt Schwelm, andererseits aus den o.g. Grunddaten des Bebauungsplangebietes soll nun ein Zielkonzept entwickelt werden, das mit daraus abgeleiteten Maßnahmen bzw. Festsetzungen als Grundlage des Aufstellungsbeschlusses und der anschließenden frühzeitigen Bürgerbeteiligung und Beteiligung der Behörden uns sonstigen Träger öffentlicher Belange dienen soll. Hier sind zu nennen:

 

·        Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung

·        Sicherung des Brauereistandortes

·        Schaffung eines attraktiven Wohn- und Einzelhandelsstandortes

·        Berücksichtigung denkmalrechtlicher Belange

·        Attraktivierung der Innenstadt

·        Schaffung einer größtmöglichen Akzeptanz in der Öffentlichkeit

 

Dieses Zielkonzept fand Eingang in einem vorläufigen städtebaulichen Konzept, das dieser Vorlage als Anlage 1 beigefügt ist. Es soll im Folgenden erläutert werden, wobei die einzelnen Zielbereiche sich teilweise ergänzen, überschneiden oder konkurrieren und somit im weiteren Planungsprozess abgewogen werden muss.

 

Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung

Mittels geeigneter Festsetzungen zu Art und Maß der baulichen Nutzung soll die städtebauliche Struktur der Innenstadt erhalten bzw. gefördert werden. So sollen nachteilige Nutzungen wie beispielsweise die der Vergnügungsstätten ausgeschlossen und das Maß der baulichen Nutzung, auf die prägende Umgebung abgestimmt, festgesetzt werden.

 

 

Sicherung des Brauereistandortes

Der Erhalt der Brauerei in der zuletzt betriebenen Form ist sicherlich unrealistisch, wie auch die Entwicklung der vergangenen Jahre gezeigt hat. Maßgeblich hierfür ist sicherlich, das sie nicht unter dem Konkurrenzdruck der großen Braukonzerne bestehen konnte. Da eine Expansion des Braubetriebes am jetzigen Standort in der Schwelmer Innenstadt nicht möglich und nicht gewünscht ist, besteht als Alternative die Reduzierung und Konzentration des Braubetriebes, z.B. als sogenannte „Hausbrauerei“. Als Standort für eine solche Hausbrauerei bietet sich geradezu der historische, denkmalgeschützte Teil des Brauereigeländes an.

 

Schaffung eines attraktiven Wohn- und Einzelhandelsstandortes

Für den Besitzer der Immobilie der Brauerei kann unterstellt werden, dass der Erwerb in der Absicht geschah, das wertvolle Grundstück renditeorientiert zu bebauen. In Anbetracht der Schlüssellage der Immobilie in der Innenstadt deckt sich diese unterstellte Absicht auch mit den Zielen der Stadt Schwelm. Eine entsprechend hochwertige städtebauliche Lösung für die Ansiedlung eines Wohn und Einzelhandelsstandortes führt zu einer Bereicherung der Innenstadt und stellt ein Initial für weitere Entwicklungen dar.

 

Berücksichtigung denkmalrechtlicher Belange

Die erforderliche Berücksichtigung denkmalpflegerischer Belange ist durch die bereits erwähnte Einrichtung einer Hausbrauerei geradezu in vorbildlicher Weise zu gewährleisten. Die beiden Zielsetzungen sind ein Beispiel für die Möglichkeit, dass sich Zielsetzungen sehr gut ergänzen können. Für die Realisierung eines derartigen Konzeptes ist zwar die Beteiligung der oberen Denkmalbehörde erforderlich, die Verwaltung ist sich jedoch sicher, deren Zustimmung zu erhalten. Die Erhaltung der Denkmalsubstanz im funktionalen Zusammenhang, also mit Braubetrieb, ist aus der Sicht der Verwaltung sehr nachhaltig.

 

Attraktivierung der Innenstadt

Bei der Beschreibung der bisherigen Ziele klang bereits teilweise an, dass von einer städtebaulichen Aufwertung des Brauereigeländes erhebliche positive Auswirkungen auf die Innenstadt zu erwarten sind. Das in diesem Punkt genannte Ziel soll dennoch gesondert formuliert werden, nicht zuletzt weil es sich dabei um wechselseitige Zusammenhänge handelt. So können fußläufige Bereiche etwa in Verlängerung der Gerichtsstraße als nördliche Begrenzung des Bebauungsplangebietes oder als Verlängerung der Untermauerstraße auf der Nordseite des historischen Braukomplexes in das Bebauungsplangebiet hineinragen. Die Freiraumqualität der Innenstadt und des neuen Standortes bereichern sich hier gegenseitig.

 

Schaffung einer größtmöglichen Akzeptanz in der Öffentlichkeit

Die Schwelmer Brauerei hat nicht zuletzt wegen ihrer zentralen Lage und geradezu Allgegenwärtigkeit in der Innenstadt eine hohe Bedeutung für die Schwelmer Bürger. Dies war nicht zuletzt an den umfangreichen und geradezu emotionalen Diskussionen in den unterschiedlichen Foren ablesbar. Diese Tatsache anerkennend, möchte die Verwaltung den Planungsprozess des Bebauungsplanes Nr. 95 „Brauerei“ weitestgehend transparent und unter enger Beteiligung der Öffentlichkeit gestalten. Damit hofft die Verwaltung eine breite Akzeptanz für die Entwicklungen auf dem Brauereigelände herstellen zu können.

Der Übersichtsplan für den Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 95 „Brauerei“ ist dieser Vorlage als Anlage 2 beigefügt.

 

Umsetzung der Ziele der Lokalen Agenda 21 Schwelm

Der Rat der Stadt Schwelm hat in seiner Sitzung am 11.12.2003 das Leitbild der Lokalen Agenda 21 Schwelm beschlossen. Die Verwaltung hat das Planvorhaben zum Zeitpunkt des Aufstellungsbeschlusses gem. § 2 Abs. 1 BauGB auf die Berücksichtigung der einzelnen Leitlinien hin überprüft. Das Prüfergebnis ist als Anlage 3  beigefügt.

 

 


Beschlussvorschlag:

 

  1. Gemäß § 2 (1) Baugesetzbuch (BauGB) in Verbindung mit § 13a BauGB vom 23. September 2004 (BGBl. I S. 2414), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 22. Juli 2011 (BGBI. I S. 1509) geändert worden ist, wird die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 95 „Brauerei“ im beschleunigten Verfahren beschlossen. Von der Umweltprüfung gem. § 2 (5) BauGB, vom Umweltbericht gem. § 21 BauGB, der Angabe gem. § 3 (2) Satz 2 BauGB und der zusammenfassenden Erklärung gem. § 10 (4) BauGB wird abgesehen; § 4c BauGB ist nicht anzuwenden.                           
    Das Plangebiet beinhaltet die Flurstücke der Gemarkung Schwelm, Flur 19, Flurstücke 114 tlw., 117, 118, 122, 124, 125, 126, 130, 131, 132, 793, 794, 796, 841 tlw., 842 tlw., 843 tlw., 973, 974, 975, 1034 tlw. sowie Flur 20, Flurstück 566 tlw.. Den genauen Geltungsbereich setzt der Bebauungsplan fest (§ 9 Abs. 7) BauGB.

 

  1. Die Verwaltung wird beauftragt, auf Grundlage des beigefügten Vorentwurfs (Darlegungskonzept) die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit gem. § 3 (1) BauGB für die Dauer von zwei Wochen durchzuführen. Die öffentliche Auslegung ist durch eine Bürgerversammlung einzuleiten, in der die Öffentlichkeit über Ziele und Zwecke der Planung zu informieren ist. Während dieser Veranstaltung wird der Öffentlichkeit Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung gegeben. Ort und Zeit dieser Veranstaltung wird die Verwaltung zu gegebener Zeit ortsüblich bekannt geben.

 

  1. Die Verwaltung wird beauftragt, auf Grundlage des beigefügten Vorentwurfs (Darlegungskonzept) die frühzeitige Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange gem. § 4 (1) BauGB durchzuführen.