Betreff
AVU - Bildung einer "großen" Netzgesellschaft - Ausgliederung des Teilbetriebs "AVU - Netze" von der AVU - AG auf die AVU - Netz GmbH
Vorlage
247/2010
Aktenzeichen
3/Mo
Art
Beschlussvorlage
Untergeordnete Vorlage(n)

Sachverhalt:

 

1.      Ausgangslage

Die AVU Aktiengesellschaft für Versorgungs-Unternehmen (AVU) muss den Anforderungen des Energiewirtschaftsrechts an eine Trennung der Energieversorgung von dem Netzbetrieb, der grundsätzlich auch anderen Energieversorgern offen stehen soll, auch in Zukunft rechtssicher entsprechen. Dazu soll die im Jahre 2007 von der AVU gewählte  Lösung, wonach eine Verpachtung der im Eigentum der AVU liegenden Netze an die seinerzeit neu gegründete AVU Netz GmbH erfolgte, aufgegeben werden. Es ist vorgesehen, die Netze entsprechend den Anforderungen der Bundesnetzagentur zu Eigentum auf die AVU Netz GmbH zu übertragen und aus dieser Gesellschaft dementsprechend eine sogenannte große Netzgesellschaft werden zu lassen.

Hierzu ist jetzt sowohl das Personal, als auch das für den Netzbetrieb notwendige Anlagevermögen von der AVU auf die AVU Netz GmbH zu übertragen. Wesentliche Teile des Sachanlagevermögens der AVU und etwa 3/5 der Mitarbeiter sollen in diesem Zusammenhang auf die AVU Netz GmbH übergehen. Die AVU Netz GmbH soll also neben dem Netzbetrieb auch die Eigentümerstellung für das Netz erhalten. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf das beigefügte Schreiben der AVU vom 08.10.2010 verwiesen (Anlage 1).

Bei Belassung des gegenwärtigen Zustandes drohen wirtschaftliche Nachteile, weil dies mittel- bis langfristig zu verringerten Wachstums- und Wertzuwachsmöglichkeiten und ggf. zu Ertragseinbußen führen würde. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang insbesondere die von den Regulierungsbehörden angekündigte Behandlung der dauerhaft nicht beeinflussbaren Personalzusatzkosten für die zweite Anreizregulierungsperiode, die im Stromnetz von 2014 bis 2018 und im Gasnetz von 2013 bis 2017 laufen wird. Allein in der Stromsparte können durch die Ãœbertragung der Mitarbeiter auf die AVU Netz GmbH über die 5 Jahre der zweiten Anreizregulierungsperiode bis zu EUR 12,3 Mio. in Abhängigkeit vom erzielten Effizienzwert gesichert werden. Darüber hinaus sind die kalkulatorischen Kosten zu nennen, bei denen sich in dem Eigentümermodell wesentliche Vorteile ergeben. Durch die Ãœbertragung des Sachanlagevermögens ergibt sich eine regulatorisch optimierte Bilanzstruktur, die zur Sicherung von EUR 12,1 Mio. in der Stromverteilung und EUR 3 Mio. in der Gasverteilung über die 5 Jahre der zweiten Anreizregulierungsperiode führt.

Durch eine Ausgliederung nach dem Umwandlungsgesetz (UmwG) kann eine „große“ Netzgesellschaft geschaffen und können die Ertragsmöglichkeiten während der zweiten Anreizregulierungsperiode gesichert werden. Die Ausgliederung des für den Netzbetrieb notwendigen Anlagevermögens und die Überführung der Mitarbeiter muss dabei zwingend bis zum 31.12.2010 erfolgen. Anderenfalls drohen ergebniswirksame Nachteile in Millionenhöhe, die zu entsprechenden Dividendenausfällen führen würden. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten zu den wirtschaftlichen Hintergründen der Ausgliederung wird auf den Ausgliederungsbericht vom 07.10.2010 sowie den Entwurf des Ausgliederungsvertrages verwiesen (Anlage 2).

 

 

2.      Umsetzung / Rechtliche Aspekte

Die Schaffung einer „großen“ Netzgesellschaft soll durch eine Ausgliederung in der Weise vollzogen werden, dass die AVU den Teilbetrieb „AVU Netze“ mit allen Rechten und Pflichten im Wege der Ausgliederung zur Aufnahme nach § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG auf die AVU Netz GmbH unter Fortbestand der AVU überträgt. Die AVU erhält als Gegenleistung  neu zu schaffende Geschäftsanteile an der AVU Netz GmbH. Die Ãœbertragung erfolgt mit Wirkung zum 31.12.2010, 23.55 Uhr. Die AVU AG hat sich für diese Form der Ãœbertragung der zum Teilbetrieb „AVU Netze“ gehörenden Vermögensgegenstände entschieden, da sie den Vorteil der Flexibilität mit dem Vorzug der Effizienz (vereinfachte Ãœbertragung auch umfangreicher Sachgesamtheiten im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge) verbindet, so dass sie sehr gut zur Umstrukturierung innerhalb einer Unternehmensgruppe geeignet ist:

Die zivilrechtliche Sonderstellung der Ausgliederung ergibt sich zum einen daraus, dass das ausgliedernde Unternehmen grundsätzlich frei bestimmen kann, welche Vermögensgegenstände übertragen werden sollen („Grundsatz der Spaltungsfreiheit“). Dadurch ist es möglich, sowohl ganze Betriebe als auch einzelne bzw. zu einem Teilbetrieb gehörende Vermögensgegenstände (wie in dem vorliegenden Fall) nach den Vorschriften des Umwandlungsgesetzes zu übertragen. Zum anderen gehen die übertragenen Vermögensgegenstände als Gesamtheit, d.h. ohne die Durchführung einzelner Übertragungsakte, in einem Rechtsakt auf die aufnehmende Gesellschaft über („Gesamtrechtsnachfolge“). Dies bedeutet eine erhebliche Verfahrensvereinfachung. Bei Grundstücken beispielsweise bedarf es weder der notariell zu beurkundenden Auflassung (Einigung über den Eigentumsübergang) noch eines langwierigen Grundbuchverfahrens. Denn mit Wirksamwerden der Ausgliederung erwirbt die aufnehmende Gesellschaft ohne weitere Rechtsakte das Eigentum an den im Ausgliederungsvertrag bezeichneten Grundstücken und das Grundbuch ist lediglich zu berichtigen. Zudem würden bei einer Einzelübertragung auch die zu übertragenden Vertragsverhältnisse nicht ohne Zustimmung der jeweiligen Vertragspartner übergehen. Für den Fall der Verweigerung der Zustimmung zur Übertragung eines wesentlichen Vertrages könnte dieser nicht auf die AVU Netz GmbH übertragen werden.

Darüber hinaus ermöglicht die gewählte Form der Gesamtrechtsnachfolge eine stärkere Einbindung und Beteiligung der Aktionäre der AVU AG durch die Einholung der Zustimmung durch die Hauptversammlung.

Der Vorstand der AVU hat in diesem Zusammenhang weitere Alternativen erwogen und geprüft, die allerdings nicht die gleiche Effektivität aufwiesen und daher verworfen worden sind.

Um den Einfluss der Aktionäre der AVU zu erhalten, wurde bereits im Vorfeld der Gründung der jetzigen (‚kleinen‘) AVU Netz GmbH die Satzung der AVU geändert und auch der Konsortialvertrag angepasst. Eine nochmalige intensive Durchsicht der bestehenden Regelungen hat zu dem Vorschlag geführt, sowohl die AVU-Satzung, als auch den Gesellschaftsvertrag der AVU Netz GmbH zu ergänzen, aber auch den Konsortialvertrag zwischen den Aktionären der AVU neu zu fassen.

Der Vorstand der AVU schlägt vor, die Satzung der AVU in § 11, dem Katalog der zustimmungspflichtigen Geschäfte, in den Buchstaben a) und h) zu erweitern sowie § 11 um einen Satz 2 zu ergänzen. Hinsichtlich des Änderungsvorschlages wird auf Ziff. 4. b verwiesen. Die Änderung der Satzung im Buchstaben f) ist lediglich redaktioneller Art.

Der Vorstand der AVU hat nachvollziehbar dargestellt, dass die vorgeschlagenen Änderungen und Ergänzungen der Satzung der AVU die Rechte aller Aktionäre sichern. Dementsprechend hat der Vorstand der AVU dem Aufsichtsrat für dessen Sitzung am 06.10.2010 bereits den Beschlussvorschlag unterbreitet, der Hauptversammlung vorzuschlagen, der dargestellten Satzungsänderung zuzustimmen. Der Aufsichtsrat hat sich dem Votum angeschlossen. Dies gilt auch für die ebenfalls vorgeschlagene Änderung des Gesellschaftsvertrages der AVU Netz GmbH, auf deren Darstellung hier verzichtet wird.

Auch die Neufassung des Konsortialvertrages sichert die Rechte der Aktionäre. Die Änderung bedarf keiner Beschlussfassung durch die Hauptversammlung der AVU. Vielmehr müssen die Aktionäre als Parteien des Konsortialvertrages die Neufassung beschließen.

Am verfahrensökonomischsten wäre es, wenn eine Beurkundung im Zusammenhang mit der für den 10.12.2010 terminierten außerordentlichen Hauptversammlung erfolgen könnte. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten zu der Neufassung des Konsortialvertrages wird auf das diesbezügliche Schreiben der AVU vom 08.10.2010 verwiesen, mit dem der Vorschlag für die Neufassung des Konsortialvertrages übersandt worden ist (s. Anlage 1).

 

 

3.      Abschluss eines Beherrschungsvertrages

Im Zuge der oben dargestellten Umstrukturierung soll zwischen der AVU AG als Organträgerin und der AVU Netz GmbH als Organgesellschaft zusätzlich zu dem bereits bestehenden Ergebnisabführungsvertrag ein Beherrschungsvertrag abgeschlossen werden. Die Hauptversammlung der AVU soll diesem Beherrschungsvertrag zustimmen. Dieser ist eine wichtige Voraussetzung für die umsatzsteuerliche Organschaft, denn die AVU Netz GmbH wird so organisatorisch in den Konzern der AVU eingegliedert. Die umsatzsteuerliche Organschaft vereinfacht Prozesse und Abläufe in beiden beteiligten Gesellschaften. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten zum Abschluss und zu den Hintergründen des Beherrschungsvertrages wird auf den Gemeinsamen Bericht des Vorstandes der AVU und der Geschäftsführung der AVU Netz GmbH vom 07.10.2010 verwiesen (Anlage 3).

 

 

4.      Zur Umsetzung in der Hauptversammlung vorgesehene Beschlüsse

Zur Umsetzung der o.g. Maßnahmen sollen in der Hauptversammlung der AVU AG die folgenden Beschlüsse gefasst werden:

 

a.      „Dem Entwurf des Ausgliederungs- und Ãœbernahmevertrags zwischen der AVU Aktiengesellschaft für Versorgungs-Unternehmen als übertragendem Rechtsträger und der AVU Netz GmbH als übernehmendem Rechtsträger wird zugestimmt.

Auf die Erstellung einer Zwischenbilanz gemäß § 63 Abs. 1 Nr. 3 UmwG sowie auf das Recht zur Erhebung einer Anfechtungsklage gegen diesen Ausgliederungsbeschluss gemäß §§ 246, 245 AktG wird verzichtet.

Der Vorstand wird angewiesen, die im vorgenannten Ausgliederungsvertrag vereinbarte Ausgliederung dergestalt zur Eintragung in das Handelsregister der Gesellschaft anzumelden, dass die Eintragung erst nach Feststellung der Jahresbilanz zum 31.12.2010 durch den Aufsichtsrat erfolgt.“

 

b.      „§ 11 lit. a), f) und h) der Satzung werden wie folgt neu gefasst:

 

a)      zum Erwerb, zur Veräußerung und Belastung von Grundeigentum, Grundstücksrechten, von betriebsnotwendigem Anlagevermögen sowie Bergwerkseigentum, soweit im Einzelfall ein Gegenstandswert von 400.000,00 EUR überschritten wird, und für Maßnahmen der AVU Netz GmbH außerhalb des operativen Netzbetriebs, insbesondere die Ãœbertragung, die Veräußerung oder die Nutzungsüberlassung von Netzen oder Teilnetzen;

 

f)       zur Änderung der Grundversorgungspreise für die Versorgung mit Energie und zur Änderung der Allgemeinen Tarife für die Versorgung mit Wasser;

 

h)     zur Ausübung von Stimmrechten in der Gesellschafterversammlung der AVU Netz GmbH, welche die Zustimmung zu Geschäftsführungsmaßnahmen der zuvor unter lit. a) –c) bezeichneten Art sowie die Zustimmung zur Veräußerung des Unternehmens im Ganzen oder von Teilen oder die Änderungen des Gesellschaftsvertrages der AVU Netz GmbH, insbesondere Kapitalerhöhungen bzw. –herabsetzungen, Maßnahmen nach dem Umwandlungsgesetz, die Auflösung der AVU Netz GmbH sowie den Abschluss, die Änderung und die Beendigung von Unternehmensverträgen betreffen.

 

 

§ 11 wird durch folgenden Satz 2 ergänzt:

 

 

Der Vorstand hat dafür Sorge zu tragen, dass die gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen der AVU Netz GmbH so gestaltet sind, dass die unter lit. h) genannten Maßnahmen der Zustimmung der Gesellschafterversammlung der AVU Netz GmbH bedürfen.“

 

c.      „Dem Entwurf des Beherrschungsvertrags zwischen der AVU Aktiengesellschaft für Versorgungs-Unternehmen als herrschende Gesellschaft und der AVU Netz GmbH als Organgesellschaft wird zugestimmt."


Beschlussvorschlag:

 

Die Vertreterin der Stadt Schwelm, Frau Stadtamtsrätin Marion Mollenkott oder Vertreter wird ermächtigt, in der Hauptversammlung der AVU Aktiengesellschaft für Versorgungs-Unternehmen am 10.12.2010 den Vorschlägen des Vorstands und des Aufsichtsrates im Sinne der nachstehenden Darlegungen zuzustimmen.  Â