Betreff
Städtische Sportstätten als Betrieb gewerblicher Art (BgA) - Sachstandsbericht
Vorlage
166/2010
Aktenzeichen
3/ Mü
Art
Berichtsvorlage

Sachverhalt:

 

1.      Ausgangssituation

 

Im Rahmen der Beratungen zum Etat 2010/2011 und zum Haushaltssicherungskonzept der Stadt Schwelm wurde von den Fraktionen SPD, CDU, FDP und Bündnis 90/ Die Grünen mit Datum vom 14.04.2010 ein gemeinsamer Antrag zum Thema „Senkung des städtischen Kostenanteils für die eigenen Sportstätten“ gestellt. Unter der Vorlagennummer 090/2010 wurde er in der Ratssitzung am 29.04.2010 mehrheitlich beschlossen. Ziel des Antrages ist es, zukünftig die Nutzer der städtischen Sportstätten an den entstehenden Kosten zu beteiligen. Dazu sollen unter Einbeziehung des Stadtsportverbandes Schwelm e.V. (SSV) und der Schwelmer Sportvereine Gespräche geführt werden, in denen insbesondere die Zuschüsse nach den Sportförderrichtlinien sowie eine organisatorische Neustrukturierung der Sportstätten, z.B. als Betrieb gewerblicher Art (BgA), zu thematisieren sind.

 

Inzwischen hat sich der Arbeitskreis „Sport“ aus Mitgliedern des SSV, der Schwelmer Sportvereine sowie der Politik und Verwaltung gebildet, der am 12. und 19.07.2010 getagt hat. In den Arbeitskreis wurde ein Grundlagenpapier des SSV „Ein Pakt für den Schwelmer Sport“ eingebracht, auf dessen Basis vertiefende Gespräche geführt werden sollen.

Als ein möglicher Lösungsansatz wird die Führung der städtischen Sportstätten als Betrieb gewerblicher Art vorgeschlagen, wobei auf das Modell „BgA Sportstätten“ der Stadt Hattingen verwiesen wird. Zur näheren Information ist das genannte Grundlagenpapier dieser Vorlage als Anlage 1 beigefügt.

 

Als Betriebe gewerblicher Art werden alle Einrichtungen einer juristischen Person des öffentlichen Rechts bezeichnet, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen dienen.  Sie müssen sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben.

 

Innerhalb eines BgA hat die Stadt Schwelm Unternehmerstatus im Sinne des § 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) und ist dadurch umsatzsteuervorabzugsberechtigt. Sie unterliegt damit auch grundsätzlich der Körperschaft- und Gewerbesteuer. Im Falle eines Dauerverlustbetrieb hat ein BgA die genannten Steuern jedoch nicht tatsächlich zu tragen.

Mit Ausnahme des Bäderbetriebes werden die Sportstätten der Stadt Schwelm derzeit als Hoheitsbetriebe i.S.d. § 4 Abs. 5 Körperschaftsteuergesetz (KStG) geführt, daher sind die damit verbundenen Tätigkeiten steuerlich nicht zu berücksichtigen.

 

Durch eine Überführung städtischer Sportstätten in einen Betrieb gewerblicher Art und einer damit verbundenen Entgelterhebung für deren Nutzung wird die Stadt Schwelm als Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes (UStG) tätig. Dies hat zur Folge, dass die erzielten Umsätze mit einem Steuersatz von derzeit 19 v.H. zu versteuern sind. Gleichzeitig wird aber auch gem. § 15 UStG die Möglichkeit eröffnet, die in den von Dritten in Rechnung gestellten Betriebs- und Unterhaltungsaufwendungen sowie Investitionskosten enthaltene Umsatzsteuer mit der abzuführenden Steuer zu verrechnen (Vorsteuerabzug). Da durch die in der Regel hohen Betriebs- und Investitionsaufwendungen der mögliche Vorsteuerabzug regelmäßig die abzuführenden Umsatzsteuerbeträge übersteigt, ergibt sich ein Erstattungsanspruch gegenüber dem Finanzamt.

 

Folgende Sportstätten kommen für eine Überführung in einen Betrieb gewerblicher Art in Betracht:

 

Sporthallen

Sportplätze

Turnhalle Märkisches Gymnasium (groß)

Sportplatz „An der Rennbahn“

Turnhalle Märkisches Gymnasium (klein)

Sportplatz Linderhausen

Sporthalle West

 

Sporthalle Ost

 

Turnhalle Dietrich-Bonhoeffer-Realschule

 

Turnhalle Grundschule Engelbertstraße

 

Turnhalle Grundschule Möllenkotten

 

Turnhalle Grundschule Nordstadt

 

Turnhalle Grundschule Westfalendamm

 

Turnhalle Kaiserstraße

 

Turnhalle Schillerstraße

 

 

Die Sportplätze „Am Brunnen“ und „Rote Berge“, die seit 1998 im Rahmen eines Nutzungsvertrages mit der Stadt unter Gewährung eines Zuschusses vom VfB Schwelm in Eigenverantwortung unterhalten und betrieben werden, sollen unberücksichtigt bleiben. Auch der Sportplatz Wilhelmshöhe und der Sportplatz Gymnasium, die nicht für den  Vereinssport genutzt werden, sowie die Turnhalle Linderhausen, die ab Herbst 2010 zu einem Feuerwehrgerätehaus umgebaut wird, kommen nicht in Betracht.

 

Vor dem Hintergrund der im Jahr 1997 erfolgten Überführung der Aktienanteile der Stadt Schwelm an der AVU in das Betriebsvermögen des BgA „Bäder“ und der daraus folgenden steuerwirksamen Verrechnung der Bruttodividende mit den Verlust des BgA ist bezüglich einer evtl. Zusammenführung des BgA „Sportstätten“ mit dem BgA „Bäder“ anzumerken, dass hierzu eine besondere steuerliche Überprüfung notwendig wäre.

 

2.      Umsatzsteuer

 

Wesentliche Voraussetzung für einen BgA Sportstätten und die damit verbundene Unternehmereigenschaft i.S. des UStG ist die nachhaltige Erzielung von Einnahmen, welche sich wirtschaftlich heraushebt. Ein wichtiger Anhaltspunkt für die Annahme der wirtschaftlichen Bedeutsamkeit ist ein Jahresumsatz von mehr als 30.678 € (einschl. Ust.).

 

Es ist für den Beginn eines BgA aber nicht erforderlich, dass dieser von Beginn an Einnahmen erzielt oder aber die Umsatzgrenze überschreitet. Ein BgA liegt schon dann vor, wenn nur die Absicht besteht, steuerpflichtige Leistungen zu erbringen  und entsprechende Vorbereitungshandlungen vorgenommen werden (BgA im Aufbau). Erst wenn sich später herausstellen sollte, dass der BgA auf Dauer die Umsatzgrenze von 30.678 € nicht erreicht, entfällt die Unternehmereigenschaft wieder. Die dem unternehmerischen Bereich zugeordneten Hallen und Plätze müssten wieder dem hoheitlichen Bereich zugeführt werden. Dieser Tatbestand wäre umsatzsteuerpflichtig.

 

Bezüglich der Umsatzgrenze ist zu beachten, dass nur die entgeltliche Überlassung an Vereine und sonstige Dritte in den unternehmerischen Bereich fällt und nur die hieraus erzielten, in vollem Umfange der Umsatzsteuerpflicht unterliegenden Einnahmen für die Umsatzgrenze maßgebend sind. Die Eigennutzung von Schulen und sonstigen städtischen Einrichtungen ist dem hoheitlichen Bereich zuzuordnen. Diese Nutzung stellt allerdings steuerrechtlich eine unentgeltliche Wertabgabe dar, die wie die Entgelte Dritter umsatzsteuerpflichtig wird.

 

Nach einer vom Fachbereich Bildung, Kultur, Sport vorgenommenen Auswertung der dort von den Sportstätten vorliegenden Nut­zungs­informationen sowie nach Angaben der Spielvereinigung Linderhausen werden die für eine Überführung in einen BgA in Betracht kommenden städtischen Sportanlagen rd. 19.200 Std. pro Jahr durch Vereine und sonstige Dritte für Trainingszwecke und an den Wochenenden für Pflichtspiele u.ä. genutzt.

 

Bei einem zu erzielenden Mindestumsatz von 30.678 €  einschließlich 19 % Umsatz­steuer müsste das von den Vereinen zu zahlende Entgelt mindestens 1,60 € pro Stunde betragen (30.678 € : 19.200 Stunden). Ohne Umsatzsteuer beträgt das Entgelt 1,35 € pro Stunde . Danach wären von der Stadt an das Finanzamt Umsatzsteuern in Höhe von rd. 4.900 € abzuführen. (19.200 Stunden x 1,35 € = rd. 25.900 € Entgelt x 19 v.H.)

 

Auf die hoheitliche Nutzung (Schulsport), der sich steuerrechtlich als unentgeltliche Wertabgabe darstellt und von der Stadt versteuert werden muss,  entfallen ca. 15.150 Stunden pro Jahr. Die Basis für die Versteuerung wäre ebenfalls ein Entgelt in Höhe von 1,35 € je Stunde. Demnach wären von der Stadt an das Finanzamt Umsatzsteuern in Höhe von rd. 3.900 € abzuführen. (15.150 Stunden x 1,35 € = rd. 20.450 €  Basis für die Versteuerung x 19 v.H.)..

 

 

3.      Vorsteuerabzug

 

Ein BgA hat das Recht, die ihm von anderen Unternehmern in Rechnung gestellte Umsatzsteuer für Lieferungen und sonstige Leistungen im Rahmen des Vorsteuerabzugs von der von ihm für seine erbrachten Leistungen vereinnahmten Umsatzsteuer vor deren Abführung an die Finanzverwaltung abzuziehen.

Der im Rahmen eines BgA Sportstätten mögliche Vorsteuerabzug umfasst sämtliche Aufwendungen für die Bewirtschaftung und Unterhaltung der Sportstätten sowie Investitionskosten, die dem BgA zuzuordnen sind und für die eine Rechnung mit ausgewiesener Umsatzsteuer vorliegt.

 

Eine Auswertung der für das Haushaltsjahr 2009 vorliegenden vorläufigen Rechnungsergebnisse hat einen möglichen Vorsteuerbetrag i.H.v. rund 41.000 € ergeben. Davon entfallen rund 40.000 € auf die laufenden Aufwendungen und 1.000 € auf Investitionen. Nähere Einzelheiten ergeben sich aus der beigefügten Anlage 2.

 

Da im Haushaltsjahr 2010 im Rahmen des Konjunkturpaketes II größere Maßnahmen an der Turnhalle Nordstadt (Ansatz 2010 = 38.000 €) und an der Turnhalle Kaiserstraße (Ansatz 2010 = 98.000) vorgesehen sind, würde sich der mögliche Vorsteuerabzug in diesem Zeitraum auf rund 60.000 € erhöhen.

 

4.      Ergebnis- und finanzwirksame Auswirkungen

 

Nach derzeitigem Stand würden sich die Auswirkungen am Beispiel des Haushaltsjahres 2009 bei einem unterstellten Mindestnettoentgelt i.H.v. 1,35 € folgen­der­maßen darstellen:

 

Ergebnisrechnung:

 

Erträge

Aufwendungen

Nutzungsentgelt Vereine (netto)                             25.900 €

+ Personalaufwand                                                  10.000 €

 

- Aufwandsreduzierung i.H.d. Vorsteueranteile

  der Eingangsrechnungen                                     -41.000 €

Mehrerträge                                                       + 25.900 €

Minderaufwendungen                                      - 31.000 €

 

Ergebnisverbesserung = rd. 56.900 €

 

Anhand der Darstellung der Auswirkungen auf die Ergebnisrechnung wird deutlich, dass ein nicht unerheblicher Beitrag zur Haushaltskonsolidierung möglich wäre.

Betrachtet man außerdem die nachfolgend abgebildeten Auswirkungen auf die Finanzrechnung, würde sich zusätzlich eine Liquiditätsverbesserung der Stadt Schwelm ergeben.

 

Finanzrechnung:

 

Einzahlungen

Auszahlungen

+ Nutzungsentgelt (brutto)                                       30.700 €

+ Personalauszahlungen                                         10.000 €

+ Vorsteuererstattung*                                            32.200 €

 

                                                                                 62.900 €

                                                                                10.000 €

* Erläuterung zur Vorsteuererstattung:

 

   Vorsteueranspruch an das Finanzamt                                             41.000 €

   ./. Zahllast Umsatzsteuer (4.900 € + 3.900 €)                             8.800 €

   = Vorsteuererstattung                                                                           32.200 €

 

Finanzergebnisverbesserung = rd. 52.900 €                                 

 

Für die Abwicklung sind umfangreiche Arbeiten durch verschiedene Fachbereiche erforderlich. Es müssten z.B. jährlich die unternehmerischen Nutzungsanteile für die einzelnen Sportstätten anhand von Belegungsplänen und die entsprechenden Nutzungsentgelte ermittelt werden. Hinzu kommen die vorbereitenden Arbeiten des Zentralen Immobilienmanagements für die verursachungsgerechte Verbuchung der Aufwendungen und investiven Auszahlungen auf den verschiedenen Objekten. Außerdem fällt im Fachbereich Finanzen Mehraufwand für die Erstellung der vierteljährlichen Umsatzsteuervoranmeldungen und der Umsatzsteuer-Jahreserklärung sowie für die ordnungsgemäße Abwicklung der Buchungsvorgänge an.

Die damit verbundenen zusätzlich entstehenden Personalaufwendungen werden in der Modell­rechnung als Verschlechterung i.H.v. 10.000 € berücksichtigt. Konkretere Aus­sagen über den voraussichtlich entstehenden personellen Mehraufwand sind zur Zeit noch nicht möglich.

  

5.      Weiteres Vorgehen

 

Bei einer Überführung der städtischen Sportstätten in einen BgA, wären unter anderem folgende Schritte notwendig:

 

§         Hinzuziehung eines Wirtschaftsprüfers für die Klärung steuerlicher Einzelfragen

§         Erlass einer Entgelt- und Benutzungsordnung

 

 

 

 

 

 

 

 

   

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