Beschluss: Vorberatung - einstimmig und weiter

Der 1. Beigeordnete Herr Voß erklärt zum Entwurf der Eröffnungsbilanz zum 01.01.2008 folgendes:

 

„Meine sehr geehrten Damen und Herren,

Kernstück und quasi Ausgangspunkt des für die Stadt Schwelm seit dem 01.01.2008 geltenden neuen Finanzsystems ist die Eröffnungsbilanz, eine für die Gemeinden in NRW völlig neue Arbeitsgrundlage.

In den Vorlagen 222/2008, eingebracht in der Ratssitzung am 11.12.2008, und 222/2008/1 zur heutigen Sitzung, jeweils mit dem zur Drucklegung aktuellen Stand eben dieser Eröffnungsbilanz, ist das Verfahren, so wie es das Gesetz vorsieht, unter Ziff. 4 ausführlich beschrieben.

Ziel der Beschlussempfehlung der Verwaltung ist die Einleitung des nächsten Schrittes auf dem Wege zu einer endgültig festgestellten Eröffnungsbilanz.

Etwas plastischer stellt sich das Verfahren wie folgt dar:

In Schritt 1 wird der Entwurf der Eröffnungsbilanz von der Verwaltung erarbeitet.

Nachdem die aus dem Haushaltsplan-Verfahren bekannten Unterschriften des aufstellenden Kämmerers und des bestätigenden Bürgermeisters geleistet wurden (liegen heute aus), wird dieser Entwurf

in Schritt 2 dem Rat zu Kenntnis und mit der Bitte um Weiterleitung an den Rechnungsprüfungsausschuss vorgelegt. Die Realisierung dieses Schrittes ist Ziel der eingangs genannten Vorlagen.

In Schritt 3 wird der Entwurf durch den Rechnungsprüfungsausschuss, der sich der Unterstützung des Rechnungsprüfungsamtes bedient, geprüft. Dabei kann sich das Rechnungsprüfungsamt der Unterstützung durch Dritte bedienen.

Nach Abschluss der Prüfung beschließt der Rechnungsprüfungsausschuss über den Entwurf der Eröffnungsbilanz und leitet ihn zur Feststellung an den Rat der Stadt weiter.

Im Rahmen dieses Verfahrensschrittes und in den anschließenden Gremien, Hauptausschuss und Rat, ist Raum und Gelegenheit für inhaltliche Beratungen und Festlegungen.

In Schritt 4 ist die Feststellung der Eröffnungsbilanz durch den Rat der Stadt vorgesehen.

Das Gesamtverfahren wird durch

Schritt 5, die Prüfung durch die Gemeindeprüfungsanstalt , kurz GPA genannt, zum Abschluss gebracht.

Die GPA hat empfohlen, diese Prüfung noch vor der Feststellung durch den Rat der Stadt vornehmen zu lassen.

Ob und inwieweit von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht werden soll, müsste im Rahmen der internen Prüfung durch den Rechnungsprüfungsausschuss beraten und ggf. durch den Rat der Stadt entschieden werden.

Diese „Vorprüfung“ durch die GPA wird nach Einschätzung der Verwaltung nicht kostenlos sein. Ob die Vorprüfung die endgültige Prüfung ersetzt oder zu einer in gleichem Umfang kostensenkenden „echten“ Prüfung führt, kann z.Z. nicht gesagt werden. Darüber soll noch mit der GPA gesprochen werden.

Nach diesen einleitenden Erläuterungen möchte ich mich heute dem ersten Schritt widmen, also dem Verfahren bis hin zu dem Stand vom 07.01.2007.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

der Umstieg auf das neue Finanzsystem wurde bereits im Jahre 2004 mit der Vorbereitung der Einführung einer neuen Finanzsoftware begonnen.

Im Rahmen eines „weichen“ Umstiegs wurde zunächst zum 01.01.2006 die kamerale Variante eingeführt. Der zweite Schritt, die doppische Variante, wurde bekanntlich zum 01.01.2008 vollzogen.

Für dieses Gesamtverfahren entstanden in den Jahren 2005 bis 2008 Kosten, z.B. für Server, Lizenzen, Schulungen etc. in Höhe von knapp 218.000 €.

Kernstück der ersten Arbeiten war bis Ende 2006 die Erstellung eines Produktplanes, der nach Beratungen in den Ausschüssen im Juni 2007 durch den Rat der Stadt beschlossen wurde. Auf dieser Basis wurde der erste Haushalt nach neuem Recht erstellt.

Neben beinahe unzähligen internen Schulungen wurden im Frühjahr 2007 zwei Seminare zum neuen Finanzrecht für die Ratsmitglieder durchgeführt.

Zur Begleitung des Prozesses wurde zwischen Rat und Verwaltung die Einrichtung eines kleines Arbeitskreises (AK-NKF) vereinbart, der im Herbst 2007 seine Arbeit aufnahm und inzwischen etwa 10 x zusammen gekommen ist.

In diesem AK wurden die Arbeitsschritte besprochen, Entwürfe beraten, Informationen ausgetauscht, z.B. Weitergabe von Wertgutachten und deren Fortschreibung, und mehrere Zwischenberichte für die Gremien vorbesprochen. Hier wurde auch festgelegt, dass im Herbst 2007 allen Fachausschüssen Überleitungs-beispiele vorgestellt wurden, damit ein erstes Kennenlernen der neuen Struktur möglich wurde.

Zu den Zwischenberichten im Arbeitskreis gehört auch, dass die jeweils erreichten Stände bei der Erarbeitung der Eröffnungsbilanz vorgelegt und erläutert wurden. Ich denke, dass gerade hierdurch Umfang und Schwierigkeiten des gesamten Prozesses transparent geworden sind. Im Rahmen des Meinungsaustausches wurde nach meinem Eindruck von der Möglichkeit, Anregungen zu geben und aufzunehmen, in guter, reichlicher und ausgesprochen sachlich-konstruktiver Form Gebrauch gemacht. Hierfür meinen persönlichen Dank an die Mitglieder des Arbeitskreises.

Im übrigen hat dieser Arbeitskreis seine Nachahmer gefunden, und das sicherlich  aus gutem Grund.

Die Arbeit an der Erstellung der Eröffnungsbilanz beschränkte sich nicht nur auf das Zusammentragen von Informationen und Zahlen.

Zunächst waren Methoden und Grundsätze zu erarbeiten. Hier hat ein verwaltungsinterner Arbeitskreis hervorragende, manchmal schwierige und „nervige“ Arbeit geleistet. Hervorheben möchte ich an dieser Stelle die gute Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen des Rechnungsprüfungsamtes. Die Vorgabe des Verwaltungsvorstands, alle Schritte - auch im Detail - mit dem RPA abzustimmen, ist eingehalten worden, wenn es auch nicht immer einfach war.

Bei der Ermittlung der Zahlen waren wir auf die Unterstützung Dritter angewiesen.

So ist die Bewertung der bebauten Grundstücke, des Infrastrukturvermögens, des Freibades, der Forsten und der Technischen Betriebe Schwelm von externen Prüfungsunternehmen mit Kosten von insgesamt rd. 159.000 € durchgeführt worden.

Bei der Ermittlung der Werte für die Beteiligungen an der „AVU“, der „VER“, der „EN-Agentur“ konnte auf die Ergebnisse des Ennepe-Ruhr-Kreises und bei der „WSW“ auf die Ergebnisse der Stadt Wuppertal zurückgegriffen werden. „Pensionsrückstellungen“ wurden von der Versorgungskasse ermittelt.

Angesichts der Schwierigkeiten gerade dieser Bewertungen ist erwähnenswert, dass wir hier keine Kosten zu tragen hatten.

Die Erfassung und Bewertung der übrigen Bilanzpositionen erfolgte durch das eigene Personal. Mit welchem Aufwand die Ermittlung von Wertansätzen verbunden war, wird beispielhaft an den Bereichen „Unbebaute Grundstücke“ und „Grund und Boden des Infrastrukturvermögens“ und dem Bereich „Sonderposten“ deutlich.

So wurden im Bereich „Unbebaute Grundstücke“ und „Grund und Boden des Infrastrukturvermögens“ von den Mitarbeitern des Fachbereichs 6 aus über 1.500 im Eigentum der Stadt Schwelm befindliche Flurstücke rd. 400 Liegenschaften gebildet und in die neu beschaffte „GC LIS“ – eine Fachschale für das geographische Informationssystem – eingegeben und anschließend auf der Grundlage des mit dem Rechnungsprüfungsamt entwickelten „Leitfadens für die Erfassung und Bewertung“ bewertet.

Dass „körperliche“ Inventuren des gesamten beweglichen Sachanlagevermögens mit hohem Personal- und Zeitaufwand verbunden waren, sei an dieser Stelle auch erwähnt.

Auch die Ermittlung der Sonderposten, die als Bilanzpositionen 2.1. bis 2.4 auf

der Passivseite ausgewiesen werden, erforderte einen erheblichen Arbeitsauf-

wand. So dauerte es vom Entwurf eines Leitfadens (1. Entwurf August 2007), der

entsprechende Vorgaben für das Vorgehen bei der Sonderposten-Ermittlung

enthält, bis zum grundsätzlichen Abschluss der Bewertungsarbeiten (Juni 2008)

etwa ein Jahr.

Die nicht unerhebliche Dauer dieser Arbeiten ist darauf zurückzuführen, dass eine

umfassende Vergangenheitsbetrachtung erfolgen musste. So mussten durch FB 3-Mitarbeiter sämtliche Jahresrechnungen der HH-Jahre 1974 bis 2007 ausgewertet und erhaltene Zuwendungen, inkl. den allgemeinen investiven Zuweisungen, wie die allgemeine Investitionspauschale, Schul- und Sport­pau­schale, Vermögens- gegenständen zugeordnet werden.

 Um die Sonderposten in den Bereichen „Erschließungsbeiträge“, „KAG-Beiträge“

und „Zuwendungen“ zu ermitteln, wurden zunächst von den zuständigen FB 6-

Mitarbeitern rd. 350 Akten geprüft, historische Einnahmen und Ausgaben ermittelt, 

die Sonderpostenquote errechnet und die jeweilige Beitrags- bzw.  Fördermaß-­

nahme den von der Fa. Bockermann Fritze gebildeten rd. 1.000 Straßenabschnit­ten zugeordnet. Im Anschluss daran wurde unter Berücksichtigung der vorsichtig 

geschätzten Zeitwerte von Mitarbeitern des FB 3 die Höhe der zu passivierenden 

Sonderposten ermittelt. 

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

diese Kurzfassung des internen Ablaufs erklärt, dass die Einzelposten der gesamten Bilanz nur nach und nach mit Zahlen gefüllt werden konnten.

Stand an ganz vielen Stellen im ersten Bilanzentwurf noch die Abkürzung „k.A.“ für keine Angaben und schloss dieser Entwurf, der dem Haushalt 2008 als Information beigefügt war, noch mit einer Bilanzsumme von rd. 153 Mio. €,  so haben wir Ihnen heute den letzten Stand zum 07.01.2009 (beinahe komplett) mit einer Bilanzsumme von rd. 212, 75 Mio. € vorgelegt.

Waren im Dezember 2008, so in Vorlage 222/2008 auf S. 4 nachzulesen, noch fünf Posten zu überarbeiten, so konnten wir Sie mit der Ergänzungsvorlage darüber informieren, dass vier dieser fünf Punkte in der Zwischenzeit abgeschlossen wurden.

Für den Bereich der Forderungen aus dem Unterhaltsvorschussbereich laufen die Ermittlungen noch, hier sind rd. 500 Fälle aufzuarbeiten, was sich angesichts der zahlreichen Rechtsänderungen in diesem Bereich besonders schwierig gestaltet.

An dieser Stelle ein nur kurzer Blick auf die Zahlen.

In dem Entwurf der Eröffnungsbilanz wird bei einem Gesamtvolumen von rd. 212,75 Mio. € ein Eigenkapital von rd. 48,3 Mio. € ausgewiesen.

Das entspricht etwa einem Anteil von rd. 22,7 %. Diese Quote ist nicht hervorragend, eher durchschnittlich, aber deutlich besser als zu Beginn des Verfahrens zu befürchten war, zumal Passivposten wie die Pensionsrückstellungen relativ früh bekannt wurden, belastbare Beteiligungswerte dagegen relativ spät in die Bilanz aufgenommen werden konnten. Die Sorge, gar mit einem negativen Eigenkapital starten zu müssen, ist uns also genommen.

Sachanlagen mit rd. 137,6 Mio. €, Finanzanlagen mit rd. 43,5 Mio. € und Forderungen mit rd. 30,7 Mio. € prägen die Aktivseite der Bilanz.

Bestimmende Größen für die Passivseite der Bilanz sind die Sonderposten mit rd. 27,7 Mio. €, die Rückstellungen mit rd, 46,4 Mio. € und die Verbindlichkeiten mit rd. 90 Mio. € (darin die Kredite zu Liquiditätssicherung mit rd. 34 Mio. €, der wohl drückendste Posten auf der Passivseite).

Den Bilanzausgleich stellt das schon genannte Eigenkapital mit rd. 48,3 Mio. € her.

Dass man mit Zahlen und Quoten „spielen“ kann, mag Ihnen ein Beispiel verdeutlichen.

Auf der Aktivseite sind unter Ziff. 2.2 Forderungen von rd. 30,7 Mio. € ausgewiesen. Darin sind aus dem Gesellschafterdarlehen an die TBS (Altschulden) rd. 27 Mio. € enthalten. Dieser Betrag ist auf der Passivseite in den Verbindlichkeiten von rd. 90 Mio. € ebenfalls enthalten. Vermeidung möglicher wirtschaftlicher Nachteile bei einem rechtlichen Übergang von Altschulden auf die TBS (Wechsel des Schuldners der Bank) haben zu dieser Konstruktion geführt, die nach wie vor richtig ist.

Würden diese Kredite aber unmittelbar bei den TBS geführt, verringerte sich das Bilanzvolumen um eben diese Summe auf rd. 185,75 Mio. € bei gleichbleibendem Eigenkapital von rd. 48,3 Mio. €, was dann einer Quote nicht mehr rd. 22,7 % sondern von rd. 26 % entspräche. Damit würden wir uns aber etwas vormachen, weil mit der Konzernbilanz (bisher ab Abschluss 2010 vorgesehen – mal sehen, welche Kommune diesen Termin einhalten kann) uns die Gesamtbetrachtung wieder einholte.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

abschließend noch ein Wort des Dankes an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung und der Technischen Betriebe Schwelm für den Einsatz bei der Erstellung dieses Entwurfes. Einige Beispiele, die ich aufgeführt habe, sollten punktuell und keinesfalls abschließend zeigen, was hier geleistet worden ist. Nach meinem Eindruck sind nur wenige „verschont“ geblieben.

Keinesfalls „verschont“ geblieben sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Fachbereichs „Finanzen“ unter Leitung von Herrn Kuss. Natürlich ist das neue Finanzwesen mit dem Kernstück der Bilanz „ihr Bier“ und ohne alle anderen Mitstreiterinnen und Mitstreiter hätten sie und wir das nicht geschafft, aber die Rolle des „Fahnenträgers“ ist nicht nur mit Lorbeeren verbunden. Stellvertretend für alle im Fachbereich Finanzen möchte ich die Namen von drei Damen,  Frau Fleitmann, Frau Mollenkott und Frau Müller hier nennen, deren Schultern in der vergangenen 2 bis 3 Jahren in dieser Arbeit besonders breit sein mussten und waren.

Ein letzter Satz:

Im interkommunalen Vergleich können wir, und an dieser Stelle meine ich nicht nur die Verwaltung, schließe vielmehr auch die Zusammenarbeit mit den Ratsmitgliedern und sachkundigen Bürgern ausdrücklich ein, uns gut sehen lassen. „

 

 


Der Entwurf der Eröffnungsbilanz der Stadt Schwelm zum 01.01.2008 wird zur Kenntnis genommen und zur Prüfung dem Rechnungsprüfungsausschuss zugeleitet.

 


Abstimmungsergebnis:

einstimmig:

x