Sitzung: 26.01.2016 Rat der Stadt Schwelm
Beschluss: ablehnend beschlossen
Abstimmung: Ja: 16, Nein: 20
Vorlage: 026/2016
Frau Grollmann dankt Herrn Klos zunächst für seine Ausführungen und ruft als nächstes den Tagesordnungspunkt A 10.1 mit dem SPD-Antrag vom 25.01.2016 „Durchführung eines Ratsbürgerentscheides“ auf.
Herr Philipp nimmt Bezug auf den seinerzeit von der FDP-Fraktion in
gleicher Weise gestellten Antrag zum
Thema „Zusammenlegung der Grundschulen“. Der Landtag habe die große Sorge, dass
die Räte zu leichtfertig Entscheidungen an den Bürger zurückgeben könnten und
daher das Erfordernis der 2/3-Mehrheit geschaffen. In der Begründung des
Antrags habe er bereits zitiert, dass im Falle einer umstrittenen Angelegenheit
und wenn zu erwarten sei, dass der Bürger die Entscheidung treffen könne, zur
Befriedung aller, der beantragte Weg vorgeschlagen werden könne, um eine
Einigung zu finden.
Herr Kranz kritisiert die Fragestellung im Antrag. Ein derart komplexes
Thema könne nicht mit einer derart einfachen Fragestellung gelöst werden. Diese
müsse im vorliegenden Fall anders lauten, was aber nach den Regelungen der
Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen (GO NRW) nicht möglich sei, da diese das
Erfordernis der Beantwortung mit „Ja“ oder „Nein“ vorgebe.
Herr Stutzenberger würde das Thema anders aufgreifen. Es gehe hier um
Zentralisierung. Seit letzter Woche aber rede man von einer dezentralen
Zentralisierung. Er beziehe sich auf einen Auszug aus der Niederschrift der
letzten Ratssitzung, lt. dem die Bezirksregierung in Arnsberg ganz klar die
Zentralisierung der Verwaltung aufgegriffen habe. Dies bedeute, an einem
Standort zusammen. Dann wurden zwei Standorte herauskristallisiert und eine
Bürgerversammlung einberufen, deren Ergebnis eindeutig für den Standtort Moltkestraße
ausfiel. Die Presse habe dies ebenso gedeutet. Die Standorte
Gustav-Heinemann-Schule und Moltkestraße waren die beiden zur Wahl stehenden
Optionen. Nun werde von einer dezentralen Variante gesprochen. Wenn man die
Zahlen der Fa. Drees und Sommer nehme, gebe es beim Umbau der GHS eine
Finanzierungslücke von 14 Mio. € und für den Neubau in der Moltkestraße von 15
Mio. €. Wenn die für das Bürgercenter angedachten 4 Mio. € hinzukommen löse
sich das Argument der günstigsten Variante auf. Hinzu komme, dass in der
Bürgerversammlung die Variante des Herrn Hugendick über 10 Mio. € nur auf 8.000
qm basiere und die Berechnungen der Fa. Drees und Sommer auf 9.300 qm. Diese
beiden nicht miteinander vergleichbaren Aussagen seien auch in der
Bürgersammlung angesprochen worden.
Vor diesem gesamten Hintergrund könne man nicht mehr sagen, dass die
Variante des Umbaus der GHS die günstigste Option sei. Er würde somit dem
Antrag der SPD-Fraktion folgen, die dem Bürger eine echte Möglichkeit einräume,
sich zu beteiligen, zumal sich bereits gezeigt habe, dass der Bürger ein
zentrales Rathaus favorisiere.
Herr Schweinsberg wendet ein, dass das Bürgercenter in der Innenstadt
keine Kostensteigerung von 4,2 Mio. € verursache. Fa. Dress und Sommer habe bei
der GHS mit einem Anbau auf dem Schulhof gerechnet. In der Kürze der Zeit
wurden die Kosten für diesen Anbau mit 4,22 Mio. € kalkuliert und der Standort
der GHS um diesen Anteil gemindert. Der Anteil sei dann für das Bürgercenter in
der Stadtmitte zugrunde gelegt worden. Es handle sich somit nicht um
Mehrkosten, sondern um eine Verschiebung von Kosten.
Herr Flüshöh weist darauf hin, dass die Aufsichtsbehörde verlangt habe,
eine Entscheidung über die Zentralisierung zu treffen, die der Beschlussfassung
über den Haushalt vorangehen müsse. Im Übrigen löse die aufgeworfene
Fragestellung die Problematik nicht. Aus der im Vorfeld geführten Diskussion
sei deutlich geworden, dass es mindestens zwei Parteien gebe. Die eine
favorisiere den Standort GHS mit Sanierung, die andere den Standort
Moltkestraße mit einem Neubau. Zudem sei die Zentralisierung eine Maßnahme des
Haushaltssanierungsplanes. Die Politik müsse sich die Frage stellen, ob sie die
Entscheidungsfreiheit an dieser Stelle aus der Hand geben und einen
Bürgerentscheid durchführen wolle. Die Politik sollte vielmehr die Kraft haben,
Maßnahmen die sie beschlossen habe auch umzusetzen. Wenn die Bürgerschaft die
vom Rat getroffene Entscheidung nicht für richtig halte, könne sie dagegen
einen Bürgerentscheid anstreben. Aus Sicht der CDU-Fraktion bestehe die Gefahr,
dass wenn heute die Durchführung eines Ratsbürgerentscheides beschlossen werde,
zukünftig viele Bürgerentscheide z.B. bei Steuererhöhungen diskutiert werden.
Wo solle die Grenze gezogen werden? Daher lehne die CDU-Fraktion den Antrag
heute aus grundsätzlichen Erwägungen ab.
Herr Feldmann bringt die Inhalte einer Wahlveranstaltung im Ibach-Haus
in Erinnerung, in der die heutige Bürgermeisterin als noch Kandidatin sich für
mehr Mitbestimmung der Bürger der Stadt ausgesprochen habe. Nach nun vier
Monaten scheine sie festgestellt zu haben, dass das gesagte so nicht mehr
richtig sei. Auch habe er bei der Aussage des Herrn Kranz gestutzt, dass die
Bürgerinnen und Bürger das komplexe Thema nicht verstehen und nachvollziehen können.
Hier gehe es um eine Zukunftsfrage. Man könne so argumentieren wie Herr
Flüshöh, dass wir einen Haushalt haben und eine der darin enthaltenen Maßnahmen
die Zentralisierung sei und daher kein Ratsbürgerentscheid durchgeführt werden
solle. Seiner Auffassung nach sei das ganze aber eine Frage der Akzeptanz. Den
Menschen der Stadt könne nicht erzählt werden, dass der Umbau der GHS völlig
ohne Erhöhung der Grundsteuer A oder Schulden umzusetzen sei. Egal welche
Maßnahme auch erfolge, gehe er von einer Grundsteuererhöhung und somit
Belastung der Bürgerschaft aus, die sie sicher eher hinnehmen würde, wenn eine
Entscheidung umgesetzt werde, für die sie gestimmt haben. Wenn dem Antrag der
SPD-Fraktion heute nicht zugestimmt werde, drücke man dem Bürger gegenüber aus,
dass seine Meinung nicht gefragt sei.
Herr Gießwein stellt richtig, dass Frau Grollmann sich für mehr
bürgerschaftliches Engagement ausgesprochen hatte und sie dieses auch bereits
erreicht habe, wie z.B. durch den Feierabendmarkt. Im Übrigen sei sie mit einer
Aussage in den Wahlkampf gegangen, wie sie sich die Zentralisierung vorstelle
und mit deutlicher Mehrheit von den Bürgerinnen und Bürgern gewählt worden.
Diese haben damit ihre Aussage über den Standort ausgedrückt. Zusammen mit der
Bürgerinformationsver-anstaltung habe die Bürgerschaft somit zwei Mal das Wort
gehabt. Er hoffe, dass jetzt nicht über jede Entscheidung die Minderheit
versuche, einen Bürgerentscheid einzuholen. Mit dem Thema Zentralisierung
beschäftige sich die Politik seit Jahren. Wenn dies ein neues Thema wäre mit
einer neuen Dimension, könne er einen solchen Antrag verstehen. Aber es gebe
keine deutliche Diskussion in der Bürgerschaft, nur leise Töne. Die Behauptung,
die Bürgerversammlung habe gezeigt, dass die Bürger für die Moltkestraße seien,
müsse genauer betrachtet werden, z.B. aus welchen Reihen die Wortmeldungen
gekommen seien. Wenn man sich mit den Bürgerinnen und Bürgern unterhalte,
stelle man fest, dass diese ganz unterschiedliche Meinungen vertreten. Schwelm
sei die Stadt der kurzen Wege.
Die Fraktion B‘90/Die Grünen werden daher den Antrag ablehnen.
Herr Kranz bemängelt, dass viel von Kompromissen gesprochen worden sei.
Mit ihm habe niemand gesprochen. Wie könne überhaupt ein solcher Kompromiss
aussehen? Vielleicht in der Mitte der beiden Standorte? Wenn man die benötigte
Grundfläche nehme, müsse man sich auf dem Grundstück des Verwaltungsgebäudes
Moltkestraße 24 ein Hochhaus hochkant vorstellen. Im Übrigen müsse überlegt
werden, wo die Parkplätze hinkommen sollen. Hierzu könne eine Parkpalette auf
das Grundstück der Moltkestraße 26 errichtet werden, was jedoch zu einem
niedrigen Verkaufserlös des Gebäudes führen würde. Dann könnten die Parkplätze
auf dem Wilhelmsplatz entstehen, von dem dann aber 2.600 – 3.000 qm geopfert
werden müssen. Eine evtl. Tiefgarage hingegen würde die Kosten explodieren
lassen. Er könne nicht glauben, dass die Bevölkerung das wünsche. Auf die
Fläche Moltkestraße 24 ein neues Rathaus errichten zu können, bleibe für ihn
Illusion.
Herr Schwunk erklärt, dass die SPD-Fraktion insofern mit ihrem Antrag
Recht habe, als dass die Bürgerbeteiligung und –information auch für die
Freidemokraten ein wichtiger Punkt sei. Aber was würde dann passieren? Es
stelle sich die Frage nach Umbau oder Neubau. Dies würde Auswirkungen auf den
Haushalt haben. Gleichzeitig existiere die Auflage der Aufsicht, nach fünf
Jahren endlich eine Entscheidung zur Zentralisierung zu treffen. Diese müsse
getroffen werden, da sie im Haushaltssicherungsplan stehe. Wenn jetzt eine Bürgerbefragung
mit vorliegender Fragestellung und dann Ergebnis Moltkestraße durchgeführt
werde, werde der Rat als nächstes die Frage nach Umbau oder Neubau zu
diskutieren haben. Mit vorliegender Fragestellung sei dies somit faktisch nicht
durchführbar. Dann sprechen die Antragsteller vom Bürgerwillen. Es war
vereinbart, dass die Politik bei der Bürgerversammlung keine Statements abgebe.
Hieran habe sich die SPD nicht gehalten. Es habe daher nur drei wirkliche
Bürgerfragen gegeben. Von zahlreichen seiner Nachbarn sei ihm erläutert worden,
warum die Planungen in der Moltkestraße so nicht durchführbar seien. Frau
Grollmann habe im Wahlkampf vorgetragen, wo sie sich eine Zentralisierung
vorstelle und damit über 63 % der Wählerstimmen erhalten. Damit habe diese ausgedrückt,
welcher der richtige Weg sei. Im Übrigen sei es dem Bürger im Zeitalter der
Digitalisierung zunehmend egal, wo das Rathaus stehe. Deswegen werde die
FDP-Fraktion den Antrag ablehnen.
Herr Philipp weist zurück, dass zukünftig immer ein Ratsbürgerentscheid
beantragt würde, sondern es hier um eine Entscheidung für Jahrzehnte gehe, die
inhaltlich und vom finanziellen Volumen her sehr bedeutend sei. Von daher
stelle die Angelegenheit durchaus eine Frage dar, die dem Bürger gestellt
werden könne.
Herr Dr. Bockelmann verweist auf die Wortbeiträge der Herren Kranz und
Gießwein.
Frau Lubitz erklärt ebenfalls, dass mit dem Ratsbürgerentscheid ein
demokratisches Instrumentarium für die Bürgerschaft geschaffen worden sei, da
man festgestellt habe, dass die Räte nicht immer so im Sinne der Bürgerschaft
entscheiden. Dieser komme in Betracht,
wenn eine Entscheidung hochumstritten sei und durch den Bürgerentscheid eine
Befriedung der Bürger erreicht werden könne.
Die anstehende Entscheidung über den Standort erfülle dieses Merkmal der
Umstrittenheit. Daher stimme die Fraktion DIE LINKE. für den Antrag der
SPD-Fraktion. Der Rat dürfe sich in gewissen Fragen nicht einfach
verselbständigen. Es gebe zurzeit im Schwelmer Rat drei Parteien, die
ausgeschlossen werden. Diese haben die Minderheit, da sich die anderen Parteien
zu einer Allianz zusammengeschlossen haben. Hinter diese stelle sich auch die
Bürgermeisterin. Die Bürgermeisterin
habe schon oft von einstimmigen Beschlüssen gesprochen, über die die
Fraktion DIE LINKE. aber gar nicht informiert war. Das sei für sie die
Verselbständigung des Rates und daher sage sie ein „Ja“ zum
Ratsbürgerentscheid.
Herr Weidenfeld weist darauf hin, dass der Rat heute eine Entscheidung
treffen müsse, da er die Maßnahmen sonst nicht genehmigt bekomme. Im Übrigen
führe ein Ratsbürgerentscheid zu Kosten. Es sei hier keiner gegen
Ratsbürgerentscheide. Im vorliegenden Falle aber führe ein Ratsbürgerentscheid
dazu, keinen genehmigten Haushalt zu bekommen und damit zur Handlungsunfähigkeit.
Er vertrete die Auffassung, wenn er derart verantwortungsvolle Entscheidungen
nicht übernehmen wolle, er das Mandat niederlegen werde.
Herr Schier spricht sich dafür aus, zum Tagesordnungspunkt zurückzukommen,
da nur noch der Austausch subjektiver Eindrücke erfolge. Vielmehr gebe es die
objektiven Tatbestandsmerkmale, dass es um eine Dimension von 15 Mio. € gehe,
die es in dieser Größe wohl nicht noch einmal geben werde und damit um eine
besondere Entscheidung. Daraus zu schließen, dass nun jede Woche ein
Ratsbürgerbescheid beantragt werde, halte er für zu weit hergeholt. Daher
schlage er vor, sich mit dem Tagesordnungspunkt zu beschäftigen. Nach
Auffassung der SPD-Fraktion sind die Voraussetzungen für einen
Ratsbürgerentscheid gegeben.
Herr Philipp beantragt namentliche Abstimmung. Auf Nachfrage der
Bürgermeisterin, wer diesen Antrag stützt ergeben sich insgesamt 19 Stimmen
dafür.
Sitzungsunterbrechung
von 18:55 bis 19:04 Uhr
Nach Beendigung der Sitzungsunterbrechung erfolgt die namentliche
Abstimmung über den Antrag mit
Abstimmungsergebnis: |
einstimmig: |
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dafür |
16 |
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dagegen: |
20 |
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Enthaltungen: |
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