Beschluss: ablehnend beschlossen

Abstimmung: Ja: 16, Nein: 20

Frau Grollmann dankt Herrn Klos zunächst für seine Ausführungen und ruft als nächstes den Tagesordnungspunkt A 10.1 mit dem SPD-Antrag vom 25.01.2016 „Durchführung eines Ratsbürgerentscheides“ auf.

 

Herr Philipp nimmt Bezug auf den seinerzeit von der FDP-Fraktion in gleicher Weise  gestellten Antrag zum Thema „Zusammenlegung der Grundschulen“. Der Landtag habe die große Sorge, dass die Räte zu leichtfertig Entscheidungen an den Bürger zurückgeben könnten und daher das Erfordernis der 2/3-Mehrheit geschaffen. In der Begründung des Antrags habe er bereits zitiert, dass im Falle einer umstrittenen Angelegenheit und wenn zu erwarten sei, dass der Bürger die Entscheidung treffen könne, zur Befriedung aller, der beantragte Weg vorgeschlagen werden könne, um eine Einigung zu finden.

 

Herr Kranz kritisiert die Fragestellung im Antrag. Ein derart komplexes Thema könne nicht mit einer derart einfachen Fragestellung gelöst werden. Diese müsse im vorliegenden Fall anders lauten, was aber nach den Regelungen der Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen (GO NRW) nicht möglich sei, da diese das Erfordernis der Beantwortung mit „Ja“ oder „Nein“ vorgebe.

 

Herr Stutzenberger würde das Thema anders aufgreifen. Es gehe hier um Zentralisierung. Seit letzter Woche aber rede man von einer dezentralen Zentralisierung. Er beziehe sich auf einen Auszug aus der Niederschrift der letzten Ratssitzung, lt. dem die Bezirksregierung in Arnsberg ganz klar die Zentralisierung der Verwaltung aufgegriffen habe. Dies bedeute, an einem Standort zusammen. Dann wurden zwei Standorte herauskristallisiert und eine Bürgerversammlung einberufen, deren Ergebnis eindeutig für den Standtort Moltkestraße ausfiel. Die Presse habe dies ebenso gedeutet. Die Standorte Gustav-Heinemann-Schule und Moltkestraße waren die beiden zur Wahl stehenden Optionen. Nun werde von einer dezentralen Variante gesprochen. Wenn man die Zahlen der Fa. Drees und Sommer nehme, gebe es beim Umbau der GHS eine Finanzierungslücke von 14 Mio. € und für den Neubau in der Moltkestraße von 15 Mio. €. Wenn die für das Bürgercenter angedachten 4 Mio. € hinzukommen löse sich das Argument der günstigsten Variante auf. Hinzu komme, dass in der Bürgerversammlung die Variante des Herrn Hugendick über 10 Mio. € nur auf 8.000 qm basiere und die Berechnungen der Fa. Drees und Sommer auf 9.300 qm. Diese beiden nicht miteinander vergleichbaren Aussagen seien auch in der Bürgersammlung angesprochen worden.

Vor diesem gesamten Hintergrund könne man nicht mehr sagen, dass die Variante des Umbaus der GHS die günstigste Option sei. Er würde somit dem Antrag der SPD-Fraktion folgen, die dem Bürger eine echte Möglichkeit einräume, sich zu beteiligen, zumal sich bereits gezeigt habe, dass der Bürger ein zentrales Rathaus favorisiere.

 

Herr Schweinsberg wendet ein, dass das Bürgercenter in der Innenstadt keine Kostensteigerung von 4,2 Mio. € verursache. Fa. Dress und Sommer habe bei der GHS mit einem Anbau auf dem Schulhof gerechnet. In der Kürze der Zeit wurden die Kosten für diesen Anbau mit 4,22 Mio. € kalkuliert und der Standort der GHS um diesen Anteil gemindert. Der Anteil sei dann für das Bürgercenter in der Stadtmitte zugrunde gelegt worden. Es handle sich somit nicht um Mehrkosten, sondern um eine Verschiebung von Kosten.

 

Herr Flüshöh weist darauf hin, dass die Aufsichtsbehörde verlangt habe, eine Entscheidung über die Zentralisierung zu treffen, die der Beschlussfassung über den Haushalt vorangehen müsse. Im Übrigen löse die aufgeworfene Fragestellung die Problematik nicht. Aus der im Vorfeld geführten Diskussion sei deutlich geworden, dass es mindestens zwei Parteien gebe. Die eine favorisiere den Standort GHS mit Sanierung, die andere den Standort Moltkestraße mit einem Neubau. Zudem sei die Zentralisierung eine Maßnahme des Haushaltssanierungsplanes. Die Politik müsse sich die Frage stellen, ob sie die Entscheidungsfreiheit an dieser Stelle aus der Hand geben und einen Bürgerentscheid durchführen wolle. Die Politik sollte vielmehr die Kraft haben, Maßnahmen die sie beschlossen habe auch umzusetzen. Wenn die Bürgerschaft die vom Rat getroffene Entscheidung nicht für richtig halte, könne sie dagegen einen Bürgerentscheid anstreben. Aus Sicht der CDU-Fraktion bestehe die Gefahr, dass wenn heute die Durchführung eines Ratsbürgerentscheides beschlossen werde, zukünftig viele Bürgerentscheide z.B. bei Steuererhöhungen diskutiert werden. Wo solle die Grenze gezogen werden? Daher lehne die CDU-Fraktion den Antrag heute aus grundsätzlichen Erwägungen ab.

 

Herr Feldmann bringt die Inhalte einer Wahlveranstaltung im Ibach-Haus in Erinnerung, in der die heutige Bürgermeisterin als noch Kandidatin sich für mehr Mitbestimmung der Bürger der Stadt ausgesprochen habe. Nach nun vier Monaten scheine sie festgestellt zu haben, dass das gesagte so nicht mehr richtig sei. Auch habe er bei der Aussage des Herrn Kranz gestutzt, dass die Bürgerinnen und Bürger das komplexe Thema nicht verstehen und nachvollziehen können.

Hier gehe es um eine Zukunftsfrage. Man könne so argumentieren wie Herr Flüshöh, dass wir einen Haushalt haben und eine der darin enthaltenen Maßnahmen die Zentralisierung sei und daher kein Ratsbürgerentscheid durchgeführt werden solle. Seiner Auffassung nach sei das ganze aber eine Frage der Akzeptanz. Den Menschen der Stadt könne nicht erzählt werden, dass der Umbau der GHS völlig ohne Erhöhung der Grundsteuer A oder Schulden umzusetzen sei. Egal welche Maßnahme auch erfolge, gehe er von einer Grundsteuererhöhung und somit Belastung der Bürgerschaft aus, die sie sicher eher hinnehmen würde, wenn eine Entscheidung umgesetzt werde, für die sie gestimmt haben. Wenn dem Antrag der SPD-Fraktion heute nicht zugestimmt werde, drücke man dem Bürger gegenüber aus, dass seine Meinung nicht gefragt sei.

 

Herr Gießwein stellt richtig, dass Frau Grollmann sich für mehr bürgerschaftliches Engagement ausgesprochen hatte und sie dieses auch bereits erreicht habe, wie z.B. durch den Feierabendmarkt. Im Übrigen sei sie mit einer Aussage in den Wahlkampf gegangen, wie sie sich die Zentralisierung vorstelle und mit deutlicher Mehrheit von den Bürgerinnen und Bürgern gewählt worden. Diese haben damit ihre Aussage über den Standort ausgedrückt. Zusammen mit der Bürgerinformationsver-anstaltung habe die Bürgerschaft somit zwei Mal das Wort gehabt. Er hoffe, dass jetzt nicht über jede Entscheidung die Minderheit versuche, einen Bürgerentscheid einzuholen. Mit dem Thema Zentralisierung beschäftige sich die Politik seit Jahren. Wenn dies ein neues Thema wäre mit einer neuen Dimension, könne er einen solchen Antrag verstehen. Aber es gebe keine deutliche Diskussion in der Bürgerschaft, nur leise Töne. Die Behauptung, die Bürgerversammlung habe gezeigt, dass die Bürger für die Moltkestraße seien, müsse genauer betrachtet werden, z.B. aus welchen Reihen die Wortmeldungen gekommen seien. Wenn man sich mit den Bürgerinnen und Bürgern unterhalte, stelle man fest, dass diese ganz unterschiedliche Meinungen vertreten. Schwelm sei die Stadt der kurzen Wege.
Die Fraktion B‘90/Die Grünen werden daher den Antrag ablehnen.

 

Herr Kranz bemängelt, dass viel von Kompromissen gesprochen worden sei. Mit ihm habe niemand gesprochen. Wie könne überhaupt ein solcher Kompromiss aussehen? Vielleicht in der Mitte der beiden Standorte? Wenn man die benötigte Grundfläche nehme, müsse man sich auf dem Grundstück des Verwaltungsgebäudes Moltkestraße 24 ein Hochhaus hochkant vorstellen. Im Übrigen müsse überlegt werden, wo die Parkplätze hinkommen sollen. Hierzu könne eine Parkpalette auf das Grundstück der Moltkestraße 26 errichtet werden, was jedoch zu einem niedrigen Verkaufserlös des Gebäudes führen würde. Dann könnten die Parkplätze auf dem Wilhelmsplatz entstehen, von dem dann aber 2.600 – 3.000 qm geopfert werden müssen. Eine evtl. Tiefgarage hingegen würde die Kosten explodieren lassen. Er könne nicht glauben, dass die Bevölkerung das wünsche. Auf die Fläche Moltkestraße 24 ein neues Rathaus errichten zu können, bleibe für ihn Illusion.

 

Herr Schwunk erklärt, dass die SPD-Fraktion insofern mit ihrem Antrag Recht habe, als dass die Bürgerbeteiligung und –information auch für die Freidemokraten ein wichtiger Punkt sei. Aber was würde dann passieren? Es stelle sich die Frage nach Umbau oder Neubau. Dies würde Auswirkungen auf den Haushalt haben. Gleichzeitig existiere die Auflage der Aufsicht, nach fünf Jahren endlich eine Entscheidung zur Zentralisierung zu treffen. Diese müsse getroffen werden, da sie im Haushaltssicherungsplan stehe. Wenn jetzt eine Bürgerbefragung mit vorliegender Fragestellung und dann Ergebnis Moltkestraße durchgeführt werde, werde der Rat als nächstes die Frage nach Umbau oder Neubau zu diskutieren haben. Mit vorliegender Fragestellung sei dies somit faktisch nicht durchführbar. Dann sprechen die Antragsteller vom Bürgerwillen. Es war vereinbart, dass die Politik bei der Bürgerversammlung keine Statements abgebe. Hieran habe sich die SPD nicht gehalten. Es habe daher nur drei wirkliche Bürgerfragen gegeben. Von zahlreichen seiner Nachbarn sei ihm erläutert worden, warum die Planungen in der Moltkestraße so nicht durchführbar seien. Frau Grollmann habe im Wahlkampf vorgetragen, wo sie sich eine Zentralisierung vorstelle und damit über 63 % der Wählerstimmen erhalten. Damit habe diese ausgedrückt, welcher der richtige Weg sei. Im Übrigen sei es dem Bürger im Zeitalter der Digitalisierung zunehmend egal, wo das Rathaus stehe. Deswegen werde die FDP-Fraktion den Antrag ablehnen.

 

Herr Philipp weist zurück, dass zukünftig immer ein Ratsbürgerentscheid beantragt würde, sondern es hier um eine Entscheidung für Jahrzehnte gehe, die inhaltlich und vom finanziellen Volumen her sehr bedeutend sei. Von daher stelle die Angelegenheit durchaus eine Frage dar, die dem Bürger gestellt werden könne.

 

Herr Dr. Bockelmann verweist auf die Wortbeiträge der Herren Kranz und Gießwein.

 

Frau Lubitz erklärt ebenfalls, dass mit dem Ratsbürgerentscheid ein demokratisches Instrumentarium für die Bürgerschaft geschaffen worden sei, da man festgestellt habe, dass die Räte nicht immer so im Sinne der Bürgerschaft entscheiden. Dieser  komme in Betracht, wenn eine Entscheidung hochumstritten sei und durch den Bürgerentscheid eine Befriedung der Bürger erreicht werden könne.

Die anstehende Entscheidung über den Standort erfülle dieses Merkmal der Umstrittenheit. Daher stimme die Fraktion DIE LINKE. für den Antrag der SPD-Fraktion. Der Rat dürfe sich in gewissen Fragen nicht einfach verselbständigen. Es gebe zurzeit im Schwelmer Rat drei Parteien, die ausgeschlossen werden. Diese haben die Minderheit, da sich die anderen Parteien zu einer Allianz zusammengeschlossen haben. Hinter diese stelle sich auch die Bürgermeisterin. Die Bürgermeisterin  habe schon oft von einstimmigen Beschlüssen gesprochen, über die die Fraktion DIE LINKE. aber gar nicht informiert war. Das sei für sie die Verselbständigung des Rates und daher sage sie ein „Ja“ zum Ratsbürgerentscheid.

 

Herr Weidenfeld weist darauf hin, dass der Rat heute eine Entscheidung treffen müsse, da er die Maßnahmen sonst nicht genehmigt bekomme. Im Übrigen führe ein Ratsbürgerentscheid zu Kosten. Es sei hier keiner gegen Ratsbürgerentscheide. Im vorliegenden Falle aber führe ein Ratsbürgerentscheid dazu, keinen genehmigten Haushalt zu bekommen und damit zur Handlungsunfähigkeit. Er vertrete die Auffassung, wenn er derart verantwortungsvolle Entscheidungen nicht übernehmen wolle, er das Mandat niederlegen werde.

 

Herr Schier spricht sich dafür aus, zum Tagesordnungspunkt zurückzukommen, da nur noch der Austausch subjektiver Eindrücke erfolge. Vielmehr gebe es die objektiven Tatbestandsmerkmale, dass es um eine Dimension von 15 Mio. € gehe, die es in dieser Größe wohl nicht noch einmal geben werde und damit um eine besondere Entscheidung. Daraus zu schließen, dass nun jede Woche ein Ratsbürgerbescheid beantragt werde, halte er für zu weit hergeholt. Daher schlage er vor, sich mit dem Tagesordnungspunkt zu beschäftigen. Nach Auffassung der SPD-Fraktion sind die Voraussetzungen für einen Ratsbürgerentscheid gegeben.

 

Herr Philipp beantragt namentliche Abstimmung. Auf Nachfrage der Bürgermeisterin, wer diesen Antrag stützt ergeben sich insgesamt 19 Stimmen dafür.

 

Sitzungsunterbrechung von 18:55 bis 19:04 Uhr

 

Nach Beendigung der Sitzungsunterbrechung erfolgt die namentliche Abstimmung über den Antrag mit

 

 

 

Abstimmungsergebnis:

einstimmig:

 

 

dafür

16

 

dagegen:

20

 

Enthaltungen: