Sachverhalt:
Im Zusammenhang mit
der normierten Umstellung vom System der Kameralistik auf das System der
doppelten Buchführung hat der Gesetzgeber die Kommunen auch zur Aufstellung von Gesamtabschlüssen verpflichtet. Durch
das Gesetz über ein Neues Kommunales Finanzmanagement für Gemeinden im Land
Nordrhein-Westfalen (Kommunales Finanzmanagementgesetz NRW - NKFG NRW) vom 16.
November 2004 wurde in § 116 Absatz 1 Sätze 1 und 2 der Gemeindeordnung
für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) geregelt, dass die Gemeinde in jedem
Haushaltsjahr für den Abschlussstichtag 31. Dezember einen Gesamtabschluss
unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung aufzustellen hat.
Er
besteht aus der Gesamtergebnisrechnung, der Gesamtbilanz und dem Gesamtanhang
und ist um einen Gesamtlagebericht zu ergänzen. Zu dem Gesamtabschluss hat die
Gemeinde ihren Jahresabschluss nach § 95 GO NRW und die Jahresabschlüsse des
gleichen Geschäftsjahres aller verselbstständigten Aufgabenbereiche in
öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Form zu konsolidieren (§ 116
Absatz 2 Satz 1 GO NRW).
Bei der
Stadt Schwelm sind neben der Kernverwaltung die Technischen Betriebe Anstalt
des öffentlichen Rechts (TBS AöR) als 100 %ige Tochtergesellschaft
einzubeziehen.
Bislang
wurden die Gesamtabschlüsse für die Haushaltsjahre 2010 bis 2015 von der
Kämmerin aufgestellt und von der Bürgermeisterin bestätigt. Der geprüfte
Gesamtabschluss des Jahres 2010 wurde vom Rat am 30.11.2017 bestätigt und der
Bürgermeisterin wurde die uneingeschränkte Entlastung erteilt.
Die
Gesamtabschlüsse 2011 bis 2015 liegen lediglich in der von der Kämmerin
aufgestellten und von der Bürgermeisterin bestätigten Entwurfsfassung vor, da
die Stadt Schwelm von der im „Gesetz zur Beschleunigung der Aufstellung
kommunaler Gesamtabschlüsse“ enthaltenen Vereinfachungsmöglichkeit Gebrauch
macht (vgl. hierzu auch SV 134/2017, SV 011/2019 und SV 045/2019).
Nach
der zurzeit gültigen Fassung ist es ausreichend, der Anzeige des geprüften und
vom Rat bestätigten Gesamtabschlusses 2018, die Gesamtabschlüsse 2011 bis 2017
lediglich in der Entwurfsfassung beizufügen. Dabei ist zu beachten, dass der
Gesamtabschluss 2018 bis spätestens zum 31.12.2021 aufgestellt, geprüft und bei
der Aufsichtsbehörde angezeigt sein muss. Mit der Erstellung der noch fehlenden
Gesamtabschlüsse 2016 bis 2018 wird zeitnah begonnen.
Am 01.
Januar 2019 ist das zweite Gesetz zur Weiterentwicklung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements
(2. NKFWG NRW) in Kraft getreten. Im 2. NKFWG NRW ist unter anderem der § 116a
GO NRW neu in die Gemeindeordnung eingefügt worden. Gemäß § 116a Absatz 1 GO
NRW räumt der Gesetzgeber nunmehr eine größenabhängige Befreiung von der
Pflicht zur Aufstellung eines Gesamtabschlusses und eines Gesamtlageberichtes
ein.
Voraussetzung
für die Befreiung von der Pflicht zur Gesamtabschlussaufstellung ist, dass zwei
von den drei nachstehend aufgeführten Merkmalen am Abschlussstichtag und am
vorhergehenden Abschlussstichtag zutreffen:
- die Bilanzsumme in den Bilanzen der
Gemeinde und der einzubeziehenden verselbstständigten Aufgabenbereiche
nach § 116a Abs. 3 übersteigen insgesamt nicht mehr als 1.500.000.000
Euro,
- die der Gemeinde zuzurechnenden Erträge
aller vollkonsolidierungspflichtigen verselbstständigten Aufgabenbereiche
nach § 116a Abs. 3 machen weniger als 50 Prozent der ordentlichen Erträge
der Ergebnisrechnung der Gemeinde aus,
- die der Gemeinde zuzurechnenden
Bilanzsummen aller vollkonsolidierungspflichtigen verselbstständigten
Aufgabenbereiche nach § 116a Abs. 3
machen insgesamt weniger als 50 Prozent der Bilanzsumme aus.
Gemäß § 116a Absatz
2 GO NRW entscheidet der Rat für jedes Haushaltsjahr bis zum 30. September des
auf das Haushaltsjahr folgenden Jahres über das Vorliegen der Voraussetzungen
für die Befreiung von der Pflicht zur Aufstellung eines Gesamtabschlusses. Die
nächste erreichbare Ratssitzung findet am 01.10.2020 statt, da die ursprünglich
für den 24.09.2020 vorgesehene Ratssitzung um eine Woche nach hinten verschoben
worden ist.
Das Vorliegen der
Voraussetzungen nach Absatz 1 ist gegenüber dem Rat anhand geeigneter
Unterlagen nachzuweisen. Die Entscheidung des Rates ist der Aufsichtsbehörde
jährlich mit der Anzeige des durch den Rat festgestellten Jahresabschlusses der
Gemeinde vorzulegen. Eine Mustervorgabe des Ministeriums für Heimat,
Kommunales, Bau und Gleichstellung (MHKGB) für den gem. § 116a Absatz 2 GO NRW
zu führenden Nachweis existiert bisher nicht. Die Dokumentation des Vorliegens
der Befreiungstatbestände kann jedoch mithilfe der durch die
Gemeindeprüfungsanstalt NRW entwickelten Berechnungshilfe „Prüfung der
Befreiungsmöglichkeit nach § 116a GO NRW zur Aufstellung eines
NKF-Gesamtabschlusses“ vom 30.10.2019 erfolgen (Anlage 1).
Für die Überprüfung
der drei Merkmale bezüglich der Befreiung von der Aufstellung des
Gesamtabschlusses 2019 sind die Werte aus den Jahresabschlüssen der Jahre 2018
und 2019 der Konzernmutter (Stadt Schwelm) und der
vollkonsolidierungspflichtigen verselbständigten Aufgabenbereiche (TBS AöR)
maßgeblich. Beim Jahresabschluss 2019 der Stadt Schwelm wird auf den
Entwurfsstand zurückgegriffen, da zum derzeitigen Zeitpunkt noch kein vom Rat
bestätigter Endstand vorliegt. Da aber keine größeren Bewegungen mehr zu erwarten
sind, wird dies als unkritisch eingestuft.
Nach der Berechnung
der Kennzahlen ergibt sich folgendes Bild:
Kennzahl |
2019 |
2018 |
Ergebnis |
Bilanzsummen < 1.500.000.000,01 € |
253.012.460,26 € |
250.685.908,50 € |
Kriterium erfüllt! |
Anteil ordentliche Erträge < 50 % |
20,12% |
19,62% |
Kriterium erfüllt! |
Anteil Bilanzsumme
< 50 % |
42,37% |
42,58% |
Kriterium erfüllt! |
Weitere Details zur
Berechnung können der beigefügten Anlage entnommen werden. Im Ergebnis erfüllt
die Stadt Schwelm zu den Stichtagen 31.12.2018 und 31.12.2019 alle drei
Merkmale. Dabei liegen die Werte zumindest bei den ersten beiden Kennzahlen
deutlich unter den Grenzwerten.
Die Einführung der
größenabhängigen Befreiungsmöglichkeiten lässt darauf schließen, dass der Gesetzgeber
erkannt hat, dass die mit großem Arbeitsaufwand verbundene Erstellung von
Gesamtabschlüssen in vielen Fällen in keinem Verhältnis zu dem damit
verbundenen Erkenntnisgewinn steht.
Da dies auch auf
die Gesamtabschlüsse der Stadt Schwelm zutrifft, sollte bei gleichbleibenden
Rahmenbedingungen, auf die Erstellung dauerhaft verzichtet werden. Falls in den künftigen Jahren von der
Befreiungsregel kein Gebrauch mehr gemacht werden würde oder die Befreiungskriterien
nicht mehr greifen würden, müsste die Stadt Schwelm wie für das Jahr 2010
erneut eine vollständige Eröffnungsbilanz erstellen bzw. eine komplette
Rückrechnung durchführen.
Soweit von der
Möglichkeit der Befreiung Gebrauch gemacht wird, ist anstelle des
Gesamtabschlusses ein Beteiligungsbericht gem. § 117 GO NRW zu erstellen.
Dieser wurde mit dem 2. NKFWG NRW dahingehend aufgewertet, dass Inhalte nun
gesetzlich festgelegt wurden. Demnach muss der Bericht zu sämtlichen
verselbstständigten Aufgabenbereichen Informationen über die Beteiligungsverhältnisse
und Jahresergebnisse, zum Stand der Verbindlichkeiten, zur Entwicklung des
Eigenkapitals sowie eine Darstellung der wesentlichen Finanz- und
Leistungsbeziehungen untereinander und mit der Gemeinde enthalten.
Ein
rechtsverbindliches Muster existiert aktuell nicht. Bisher liegt lediglich ein
inoffizieller Entwurf aus dem Abstimmungsprozess zwischen den Spitzenverbänden
und dem MHKBG vor. Dieser lässt vermuten, dass ein Großteil der verlangten
„zukünftigen“ Komponenten bereits Bestandteil des jetzigen
Beteiligungsberichtes ist und daher mit keinem wesentlichen Mehraufwand zu
rechnen ist.
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Die Bürgermeisterin In Vertretung gez. Schweinsberg |
Beschlussvorschlag:
Die
Voraussetzungen für die Befreiung von der Pflicht zur Aufstellung eines
Gesamtabschlusses gem. § 116a Abs. 1 GO NRW liegen für das Jahr 2019 vor. Auf
die Aufstellung des Gesamtabschlusses 2019 wird verzichtet.